Es gibt heutzutage wenige Bands, die es schaffen, sich mit fast mit jedem neuen Album, jedem Projekt neu zu erfinden. THE EX haben in über zweieinhalb Dekaden mit viel Eigenarbeit und politischen Engagement einige Genres der Musiklandschaft durchkämmt, an die so manch Musikbesessener nicht mal in seinen kühnsten Träumen gedacht hätte.
Die Niederländer sind für mich unbestritten die wandlungsfähigsten Urgesteine der Punk-Geschichte. Sie schaffen es, ohne mit der Wimper zu zucken, tausende Kilometer entfernte Musikwelten mit ihrer eigenen Art Punk zu verbinden.
"Moa Anbessa" ist so ein Brückenschlag, der Äthiopien mit Holland und dem Rest der Welt in Verbindung setzt. THE EX trafen den unglaublich agilen 73-jährigen Saxophonisten Getatchew Mekuria auf ihrer Tour durch Äthiopien und waren hell auf begeistert von diesem Musiker par excellence.
Seit 1947 ist Getatchew ein essentieller Bestandteil der äthiopischen Musikszene und prägte seinen eigenen Stil, den Shellele - eine Umsetzung heroischer Kriegsgesänge mit dem Saxophon. Ein unheimliches Vibrato zeichnet den kreativen Saxophonisten aus.
Man spürt förmlich die Energie, die durch ihn in sein Instrument strömt. Auch wenn es im ersten Moment befremdlich klingt, gerade dieses folkloristisch anmutende Ambiente harmoniert unglaublich mit den starken Basslines von Colin McLean und dem unverwechselbaren Gesang von GW Sok, baut zugleich eine Spannung auf, die fesselt und einem in ihren Bann zieht.
Zehn Saxophon-Arrangements legte Getatchew Mekuria der Band vor, die dazu ein fantastisches Drumherum entwickelte, als hätten sie schon immer zusammen gerockt. Herausgekommen ist ein unglaublich energiegeladenes Werk mit elf Songs und einer ausführlichen Vorstellung der äthiopischen Legende im reich bebilderten Booklet.
Dieses Album möchte ich jedem ans Herz legen, der nicht in Schubladen zu denken pflegt. (9)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #71 April/Mai 2007 und Jenny Kracht