KICK-ASS ist nach WANTED bereits der zweite von Mark Millar getextete Comic, der von Hollywood adaptiert wurde, und leider ebenso wenig gelungen, auch wenn man einem der große Teil der Kritiker das Gegenteil weismachen will.
Dabei war bereits Matthew Vaughns „Layer Cake“ ein recht hohler Exkurs in Guy Ritchie-Coolness und auch bei seiner Verfilmung von KICK-ASS bleibt die Subversivität von Millars Vorlage weitgehend auf der Strecke.
Dafür gibt es einen penetranten Soundtrack und wirklich erschreckend schlecht inszenierte Actionszenen, die gerne so toll wie die von Zack Snyder wären, aber jegliche Raffinesse vermissen lassen.
Vaughns Film ist so subtil wie ein Schlag mit dem Zaunpfahl und dürfte damit bei einem breiten Publikum bestens ankommen. Wie stark Millars Comic verwässert wurde, merkt man bereits in der Eröffnungsszene, als sich ein Möchtegern-Superheld von einem Hochhaus stürzt, und anstatt zu fliegen unsanft in ein Auto kracht.
Bei Millar heißt es an dieser Stelle: „Das war übrigens nicht ich. Das war nur so ein armenischer Knallkopf mit einer Psychomacke, der in der New York Post etwas über mich gelesen hatte. Ich bin der Typ mit den Elektroden am Sack.“ An dieser Stelle hatte Vaughn, untergelegt von einem schmissigen Song (von The Prodigy glaube ich) stattdessen bereits zum Schulalltag seiner Hauptfigur Dave Lizewski übergeblendet, einer der typischen nerdigen Außenseiter amerikanischer Highschool-Filme, der auch noch Comic-Fan ist und sich ansonsten mit den üblichen Problemen eines Heranwachsenden herumschlagen muss.
Um sein Leben etwas abenteuerlicher zu gestalten, kommt er eines Tages auf die Idee, sich ein albernes grünes Kostüm überzustreifen, um damit auf Verbrecherjagd zu gehen. Dabei wird Lizewski brutal aufgemischt und kann froh sein, dass er mit dem Leben davonkommt.
Von seinem Superhelden-Spleen lässt er aber trotzdem nicht ab, zumal jemand seinen zweiten Auftritt dann auch noch mitfilmt, was ihm dank youtube eine ungeahnte Popularität beschert. Ein ziemlicher Trottel also, unbelehrbar und mit wenig Realitätssinn ausgestattet, dessen nächster Auftritt ihm allerdings wirklich fast das Leben kostet, würden nicht Hit-Girl und Big Daddy auf den Plan treten, die ihr Vigilante-Tum wesentlich ernster nehmen und ihm den Hals retten.
An dieser Stelle ist in KICK-ASS 1 (in der die ersten vier Original-Hefte der Serie versammelt sind) erst mal Schluss, denn der zweite Band erscheint erst dieser Tage, in den USA ist Millars Comic natürlich bereits komplett erhältlich.
Konservative Kritiker störte im Film vor allem die Figur Hit-Girl, ein 12-jähriges Mädchen, dessen Vater, ein Ex-Cop, sie zur Killermaschine gemacht hatte. Im Film hinterlässt die Art und Weise, wie Vaughn den Zuschauer in emotionaler Hinsicht mit dieser Figur manipuliert, tatsächlich einen faden Beigeschmack, auf dem Papier kann man Millars blutige Gewaltphantasien leichter als Teil einer satirischen, geschmacklich grenzwertigen Verarbeitung typischer Superhelden-Klischees akzeptieren.
KICK-ASS ist in dieser Hinsicht sicherlich kein Meisterwerk, aber auf jeden Fall eine recht erfrischende, originelle Umsetzung des Themas „Loser wird zum Helden“ – ganz anders sieht es wie so oft aus, wenn solche Comic-Figuren dann in einem Realfilm auftauchen.
Mal sehen, was KICK-ASS 2 an neuen Erkenntnissen bringt. Ansonsten gibt es mit „Defendor“ ja gerade noch einen Film, in dem ein zurückgebliebener, von Woody Harrelson gespielter Loser zum Superhelden mutiert, der in dieser Hinsicht wesentlich überzeugender wirkt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #90 Juni/Juli 2010 und Thomas Kerpen