COLOR TATTOO ART

Marisa Kakoulas

Ich gebe zu, ich bin großer Fan von Schwarz-Weiß-Tattoos, und die grellbunten Unterarme junger Hardcore-Männer können mich weder beeindrucken noch Bewunderung auslösen, muss ich mir doch immer vorstellen, wie solche, frisch gestochen wunderbar bunten Bilder 25 Jahre später wohl aussehen mögen.

Diese spießige Sichtweise mal außen vor gelassen, beeindruckt das neueste Mammutwerk von Verleger Matthias Reuss nicht weniger als seine anderen Bücher, die als Referenzwerke in Sache Tattoo-Publikationen gelten müssen.

Im Gegensatz zu traditionell(er)en Tätowierungen greifen die farbenfrohen Hautbilder in diesem Buch auf popkulturelle Traditionen der letzten 30, 40 Jahre zurück, wie Redakteurin Marisa Kakoulas in ihrem Vorwort auch schreibt.

Die Einflüsse aus Comics, Cartoons, Mangas, Pin-Up, Airbrush und Graffiti (siehe auch Untertitel) sind unverkennnbar – und das impliziert auch eine gewisse Grellheit. Abfällige Wertungen wie Trash und Kitsch sind da nicht weit, aber letztlich ist eben alles Geschmacksache.

Fakt ist: Die hier in gewohnt erstklassiger Foto- und Druckqualität dokumentierten, in der Regel großflächigen Hautverzierungen verblüffen in Qualität und Vielfalt. Vielfach wirken die Bilder wie die Fortführung der Rock Poster Art mit anderem Werkzeug – Nadel statt Siebdruck – auf Haut statt auf Papier.

Meine Vorbehalte gegenüber Farb-Tattoos lösen sich jedenfalls gerade in Wohlgefallen auf. Ergänzt wird das knapp 500 Seiten dicke, kiloschwere Werk durch die von den anderen Bänden bereits bekannten, dreisprachig (D/E/F) abgedruckten Interviews mit einigen der rund 50 portraitierten Künstlern (Joe Capobianco, Kristel Oreto, Ed Perdomo, Electric Prick, Jesse Smith, Olivier).