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LIEBE, GLAUBE, HOHNGELÄCHTER

Jan Off

Wisst ihr noch, wie Vornefett, Melzer und Co. damals in „Vorkriegsjugend“ aufgebrochen sind, um die Chaostage in Hannover unsicher zu machen? Tja, ob sie das geschafft haben, lässt Jan Off den Schauspieler Robert Stadlober auf der 2017 im Ventil Verlag veröffentlichten Hörbuch-LP „Im Schatten der Chaostage – Vorkriegsjugend Teil 2“ vorlesen. Und nun kann man diese wunderbar chaotische Story mit all ihren Prügeleien mit Nazi-Skins, Polizeiverhören und LSD-Trips eben auch nachlesen. Das Ganze erscheint allerdings nicht als vollständiger Roman, sondern wird hier in eine großartige Sammlung von Kurzgeschichten und einigen Gedichten eingebettet. Auf amüsante Weise erzählt Jan Off von Bullenverarschung bei Verkehrskontrollen, Schummeleien beim Eishockey, von Internet-Dating oder davon, wie seinAlter Ego Oblomov mit Bratan, dem Sänger der Elektro-Punkband MEGATRANIG – die Story ist zufällig einem gewissen Torsun B. gewidmet – im Altersheim für gute Stimmung sorgt. Manche Texte wurden bereits anderweitig veröffentlicht, im Tut-Tut-Fanzine oder dem Drecksack-Magazin beispielsweise, vieles ist neu, manches sogar tagesaktuell, wie das Tagebuch des Corona-Leugners Reiner Wandt. „Betreutes Ausgehen“ beschreibt staatlich kontrollierte Kneipenexzesse der 2040er Jahre und „Sex und Geld“, wie du deine Psyche kaputtfahren musst, um als Schriftsteller erfolgreich zu sein. Alkohol, Sex und Drogen sind seit jeher beliebte Zutaten von Jan Offs Texten, aber mit „Das Gefühl, die Zelle fährt“, einer Abhandlung über Isolationshaft, beweist Off einmal mehr auch eindrucksvoll, dass er ein so ernster wie politischer Mensch ist.