„Lemora – A Child’s Tale Of The Supernatural“ ist der einzige Spielfilm von UCLA-Absolvent Richard Blackburn, der später dann das Drehbuch für Paul Bartels „Eating Raoul“ schrieb, aber dem insgesamt keine große Karriere im Filmgeschäft beschieden war.
In Deutschland erschien der Film jetzt das erste Mal überhaupt. Die Bildqualität der DVD ist sehr gut (bereits 2004 wurde in den USA eine exzellent restaurierte Fassung veröffentlicht), dafür ist die neu erstellte Synchronisation weniger prickelnd – Untertitel für die Originalfassung fehlen leider.
Dass „Lemora“ über die Jahre nicht einfach im Nebel der Filmgeschichte verschwand, sondern einen erstaunlichen Kultstatus erlangte, ist für Blackburn die bittere Ironie an der traurigen Geschichte seines ambitionierten Erstlingswerks.
Denn der Regisseur musste die Rechte an „Lemora“ kurz nach der Entstehung bereits veräußern, da er kurz vor der Pleite stand. Ebenso überraschend ist, dass der Film von vielen Kritikern sehr geschätzt wird, und der heutzutage noch amateurhafter wirken dürfte, als es schon mal damals der Fall war.
Allerdings kann „Lemora“ seine bescheidenen Produktionsbedingungen durch seine fantasievoll surreal inszenierte, zur Zeit der Prohibition angesiedelte und anti-katholisch geprägte Geschichte meist gut kaschieren.
Dabei geht es um die Tochter des 1920er-Jahre-Gangsters Alvin Lee. Der hatte seine Frau in einem Eifersuchtsanfall umgebracht und sucht Jahre später die Aussöhnung mit der inzwischen 13-jährigen Tochter.
Dabei handelt es sich aber um einen diabolischen Plan der Vampirin Lemora, um die unschuldige Gangster-Tochter in ihre Gewalt zu bekommen. „Lemora“ entpuppt sich dabei als düster-morbides und symbollastiges Märchen für Erwachsene, das mit seiner albtraumhaften und unterschwellig erotischen Stimmung zu den eigenwilligsten Werken des phantastischen Films gehört.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #137 April/Mai 2018 und Thomas Kerpen