Wow! DAS M! Gerade klappt mir der Unterkiefer herunter und ich beginne hemmungslos zu sabbern! DAS M! DAS M! Endlich! DAS M! Okay, jetzt ist aber wirklich gut mit diesem gnadenlosen und verabscheuungswürdigen Abgefeiere! Dr.
Kernkrach steht noch nicht einmal, wie sonst üblich, mit der geladenen Schrotflinte hinter mir. Kosmisch? Komisch? Was ist also passiert? Ich fange wohl am besten mitten in den dummen 90ern an herumzuwühlen.
Das Leben ist scheiße und ich sitze mit meinem kleine Tapelabel mittendrin. Plötzlich klingelt es, ein junger Mann kommt die Treppe hochgeschlichen und drückt mir einen unscheinbaren Luftpolsterumschlag in die Hand.
Desinteressiert werfe ich diesen erstmal zu den anderen und öffne mir eine Flasche Bier. Es ist Donnerstag und donnerstags werden die zugeschickten Kassettenproduktionen durchgehört und einem gnadenlosen Auswahlverfahren unterzogen.
Oben liegt der neue Umschlag. Österreich. Oh nein, denke ich, nicht zu Beginn direkt wieder was Chaotisches mit Literaturanspruch. Die Kassette wandert, ohne den beigelegten Brief auch nur eines Blickes zu würdigen, direkt ins Tapedeck.
Lautstärkeregler auf 10, ein kräftiger Schluck aus der Flasche und "Play" gedrückt. Mir fällt die Bierflasche aus der Hand, der Unterkiefer klappt mir herunter und ich beginne hemmungslos zu sabbern ...
Das nenne ich mal konditioniert, denn bei der ersten DAS M-Platte überhaupt setzt dieser Reflex sofort wieder ein. DAS M ist ein österreichisches Ein-Mann-Projekt und dahinter verbirgt sich Martin Haidinger, mit dem ich dann auch einen kurzen, aber heftigen Briefkontakt hatte.
Lange Zeit dachte ich, ich bin der Einzige, der DAS M überhaupt kennt, denn wen ich auch fragte, ich bekam nur ein Kopfschütteln als Antwort. Wie der Zufall (Ich weiß Zufälle gibt es eigentlich nicht!) will, unterhielt ich mich ganz privat mit Dr.
Kernkrach und ließ zu fortgeschrittener Stunde einfach mal locker den Satz fallen: "Weißte was, ich verstehe nicht, warum noch niemand sich um DAS M gekümmert hat, aber das kennst du ja eh nicht!" Ich wollte gerade anfangen und zu einem philosophischen Monolog ansetzten, da klappt ihm der Unterkiefer herunter und er beginnt hemmungslos zu sabbern.
"Doch, ich kenne DAS M! Megageil! Sag bloß, du kennst DAS M auch?" Ihr könnt euch denken, wie dieses Gespräch endete ... Nun dreht sich "Leidenschaft und Produktion" im transparenten Vinyl erstmalig auf meinem Plattenteller und die Welt ist wieder bunt.
DAS M ist unvergleichbar! Obwohl damals nur in einer Mini-Auflage auf selbstproduzierten und vertriebenen Kassetten erschienen, ist die Musik bis in den letzten Ton klangtechnisch auf dem höchsten Niveau, das ich je bei einem Tape erlebt habe, durchproduziert.
Für diese erste Zusammenstellung in LP-Format wurden die Stücke noch einmal gemastert und aufpoliert. NDW goes HiFi? Aber ja doch und trotzdem klingt es so wunderbar naiv und kindlich verspielt.
Seufz! Da kann man wirklich nur einen Vergleich heranziehen und das sollte dann auch des Lobes reichen: So würden sich KRAFTWERK anhören, wenn sie Minimal-NDW machen würden. Eben: Perfekte Musik, perfektes Cover, perfekte Präsentation! Wer sich für elektronische Musik aus diesem Bereich interessiert und diese Platte nicht liebt, der sollte auswandern! Ende der Dauerwerbesendung.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #81 Dezember 2008/Januar 2009 und Carsten Vollmer
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #79 August/September 2008 und Carsten Vollmer