Die titelgebende „Rote Herberge“ in Gérard Krawczyks Film L’AUBERGE ROUGE beschäftigt die französische Kulturlandschaft schon länger, denn 1831 schrieb der Schriftsteller Honoré de Balzac die gleichnamige Erzählung dazu.
1910, 1923 und 1951 wurde der Stoff bereits schon mal verfilmt, zuletzt mit dem großartigen Fernandel – auf ewig durch seine Verkörperung des Don Camillo ins kollektive Bewusstsein eingebrannt –, der bei uns offenbar nur im Kino lief und in Frankreich zwar auf DVD erhältlich ist, aber leider nur versehen mit dem französischen Originalton.
Interessanterweise gab es in den Jahren 1807 bis 1833 tatsächlich stattgefundene Vorfälle, die Honoré de Balzac in seiner Geschichte beschreibt, denn in dieser Zeit sollen die Wirtsleute Pierre Martin und seine Frau Marie 53 Reisende umgebracht und ausgeraubt haben, was trotz deutlicher Parallelen jedoch angeblich in keinerlei Zusammenhang zueinander steht.
Krawczyks Verfilmung deckt sich grundsätzlich mit der von 1951, in der eine Gruppe Reisender, bei der unter anderem ein Priester dabei ist, in einer einsamen Herberge mitten in den Bergen übernachten muss.
Dem Zuschauer ist von Anfang klar, was die Wirtsleute im Schilde führen, dem Priester irgendwann auch, als die Frau des Besitzers der Herberge ihm beichtet, dass sie und ihr Mann schon unzählige Gäste umgebracht und beraubt, und die Leichen überall im Garten vergraben hätten, was die Absurdität dieser köstlich makaberen Farce noch auf die Spitze treibt.
Bereits Honoré de Balzac nahm dabei satirisch die katholische Kirche aufs Korn, ebenso wie die Leichtgläubigkeit der gebildeten bürgerlichen Gesellschaft, was der Verfilmung von 1951 ordentlich Ärger mit konservativen Kreisen einbrachte.
Heutzutage dürfte man das lockerer sehen, zumal Krawczyks Fassung zwar sehr komisch ist, aber insgesamt recht harmlos und das vorhandene Horror-Potential der Geschichte weniger als angenommen ausschöpft.
Eine regelrecht altmodische Komödie, durch und durch schwarzhumorig, schön ausgestattet und recht dialoglastig, aber dadurch keineswegs langweilig, auch wenn Krawczyk niemals die Klasse des Fernandel-Films erreicht.
Sogar die deutsche Synchro ist in diesem Fall recht brauchbar, was ja gerade bei Komödien nicht immer der Fall ist.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #83 April/Mai 2009 und Thomas Kerpen