Will man besonders spaßig sein, haut man anlässlich des neuen Albums von KARIES einen Witz über Karius und Baktus oder über die allerseits unbeliebte Zahnkrankheit raus. Will man noch plumper sein, stellt man einfach die Frage: Who the fuck is „Alice“? So heißt nämlich das neue Album der Noise-Post-Punk-Band, dessen Cover schon fast penetrant bunt wirkt im Vergleich zu den Vorgängeralben.
Aus den Boxen dröhnt weiterhin vertonte Tristesse, durchweg repetitive Kompositionen, immer mit einem Hauch Hoffnung und ausreichender Sperrigkeit versehen. Das Runde kommt in das Eckige, wenn es sein muss mit Gewalt – so war es immer bei KARIES und daran hat sich auch nichts geändert.
Neu ist aber die Vielfältigkeit der Songs und Momente wie die bei „Pebbo“, wenn der Hörer plötzlich in das impulsiv gerufene Whou einstimmt – huch, ist da etwa gute Laune im Spiel? Max Nosek und Benjamin Schröter texten weiterhin überwiegend Deutsch, aber mit vereinzelt englischen Zeilen.
Textlich bewegen sich KARIES immer noch auf Nebenstraßen, um mal ihren eigenen Vergleich aus dem gleichnamigen Song zu bemühen, sind gleichermaßen direkt wie nebulös. Auch der ehemaligen Selbsteinordnung als Casio-Punk-Band werden KARIES mit der Hommage an die Netflix-Serie „Stranger Things“ im Titelsong „Alice“, dem von Tastenklängen getragenen Flächenmonster „Projekt Aufgabe“ und dem mit einem swingenden Nackenschlag versehenen „1987“ gerecht.
Produziert wurde „Alice“ von Max Rieger (DIE NERVEN, ALL DIESE GEWALT), gemastert von Ralv Milberg, das Coverartwork gestaltete Levin Stadler (LEVIN GOES LIGHTLY). Es bleibt also in der Familie und die Crew zieht weiterhin an einem Strang.
Trotz aller Parallelen zu befreundeten Bands, verfügen KARIES von jeher über spezielle Eigenheiten in ihrem Sound. Besonderheiten, die sie noch nie zuvor so erfolgreich auf die Spitze getrieben haben, wie bei dem vorliegenden Album „Alice“.
Long story short: Minus nervig, plus Variabilität. Die alten Platten eigneten sich gut zum Tanzen am Abgrund und waren eher eine Ode an Desorientierung, ohne wirklich larmoyant zu sein. 2018 klingen KARIES kecker, abenteuerlustiger und wacher als bisher.
KARIES driften mit „Alice“ mitnichten ins Wunderland ab. Aber da wo sich sonst die strapaziösen Wiederholungen breitgemacht haben, versuchen sich KARIES erfolgreich an einem Parabelflug, angetrieben von harmonischen, instrumentalen Melodien.
Das wandelnde Musiklexikon Kevin Kuhn – rein oder raus der Herr? – sitzt auch wieder hinter den Drums, zitiert weiterhin die WIPERS – des isch fai so! – und hat sich darüber hinaus aber neuen, eigenen Freiraum erspielt.
Und am Ende finden sich dann doch Parallelen zum Gassenhauer „Alice“. Denn auch bei KARIES weiß man nicht, wo sie hingehen, woran es liegen kann. Sie haben wohl ihre Gründe, es geht uns aber auch nichts an.
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