2008 veröffentlichte John Niven „Kill Your Friends“, seine 1997 spielende Abrechnung mit dem (britisch-amerikanischen) Musikbusiness der 1990er. Seinerzeit arbeitete Niven selbst für eine englische Plattenfirma, und so entstand der Roman als eine Mischung aus Selbsterfahrungsbericht und grotesker Sozialstudie à la „American Psycho“ und „Trainspotting“, eine gnadenlose Abrechnung mit der selbstgefälligen Welt der Majorlabels.
Die durften in jener Zeit ein letztes Mal ihre Großkotzigkeit ausleben, den Nachwehen von Grunge, dem Britpop-Höhenflug und dem Punkboom sei Dank. Nivens Hauptfigur ist Steven Stelfox, der als A&R-Mann arbeitet und darunter leidet, dass keiner seine Genialität erkennt und der sich dafür rächt.
Das Buch wurde schnell zur Kultlektüre unter Menschen, die selbst in diesem Bereich tätig sind und ist Ausgangspunkt von Nivens Autorenkarriere. Für „Gott bewahre“ („Second Coming“, 2011) griff er das Thema wieder auf, ließ Steven Stelfox in einer Nebenrolle auftreten, und hat diesen vom zynischen Arschloch zum zynischsten Arschloch überhaupt gereiften Musicbiz-Veteranen zum Hauptakteur von „Kill ’Em All“ gemacht.
Die Story: Lucius Du Pre, der größte Pop-Star der Welt (Ähnlichkeiten zu Michael Jackson sind natürlich rein zufällig) wird für Manager und Label wegen seiner Pädophilie zunehmend zum Problem und ist zudem kein Goldesel mehr, sondern im Grunde pleite.
Enter Stelfox, der als skrupelloser Ausputzer das Du Pre-Problem lösen soll, doch es kommt alles ganz anders ... Niven ist hier in Höchstform und in seinen Beschreibungen an der Schmerzgrenze, sein Buch der ultimative Kommentar zum Pop-Biz in Zeiten von Trump.
Brillant!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #143 April/Mai 2019 und Joachim Hiller