Auch Tote können neue Platten machen – eine in naturwissenschaftlicher Hinsicht möglicherweise überraschende Erkenntnis, die aber im Musikbereich schon länger Fakt ist. Denn der in Oklahoma City geborene John Weldon „J.
J.“ Cale, der gerne mal mit John Cale von VELVET UNDERGROUND verwechselt wird und als Begründer des sogenannten Tulsa-Sounds gilt, verstarb 2013, was seine Witwe Christine Lakeland nicht davon abhielt, für „Stay Around“ 15 unveröffentlichte Stücke aus Cales gesamter Karriere zusammenzustellen.
Selbst wenn man sich bisher nicht weiter mit Cales Schaffen auseinandergesetzt hat, wird man einen seiner bekanntesten Songs mit ziemlicher Sicherheit schon mal gehört haben, nämlich „Cocaine“ vom 1976 erschienenen Album „Troubadour“, den Eric Clapton dann ein Jahr später zu einem seiner größten Hits machte und der sich auch noch einige weitere Male bei Cale bediente.
Streng genommen müsste man hier eigentlich von einer Compilation sprechen, letztendlich ergeben die 15 Songs aber ein erstaunlich homogen klingendes eigenständige Album. Das verdient wirklich das Prädikat zeitlos und gibt gut den minimalistischen und relaxten Umgang von Cale mit Blues, Jazz und Country wieder, wobei die besonderen Highlights dabei immer dessen lässig groovenden Boogie-Nummer sind.
Dagegen wirken andere Platten von Cale deutlich zeitgebundener und kranken oft an einer etwas zu glattgebügelten Produktion, während „Stay Around“ eine angenehme Ursprünglichkeit durchzieht.
Tote können also nicht nur neue Platten machen, sondern sogar ziemlich exzellente, und so bietet sich „Stay Around“ sogar als guter Einstieg in das Schaffen dieses brillanten Musikers an, den ich selbst viel zu lange ignoriert habe.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #144 Juni/Juli 2019 und Thomas Kerpen