Im letzten Ox berichtete unser Australien-Korrespondent Matt noch von einem Konzert Ian Rilens im September 2006 in Melbourne - und schloss den Artikel mit der Vermeldung von Rilens Tod am 30.10. Da war sein neues Album auf dem spanischen Label Bang! Records noch nicht erschienenen, und dass man jetzt nie wieder die Chance haben wird, diesen charismatischen Musiker zu treffen, ist ein Jammer.
Seine erste Band hatte Rilen 1972, als er bei BAND OF LIGHT einstieg, und vier Jahre später dann war er mit dem ebenfalls letzets Jahr verstorbenen Pete Wells Gründungsmitglied von ROSE TATTOO, die er freilich schon 1977 wieder verließ, weil ihm die Richtung, die die Band eingeschlagen hatte, nicht gefiel.
Für Ersatz war schnell gesorgt: X - nicht zu verwechseln mit den Kaliforniern! - wurden zu einer der maßgeblichen australischen Punkbands, deren chaotische Besetzungswechsel aber nur Spezialisten durchblicken.
Nach dem Ende von X gründete Rilen SARDINE V, um schließlich in den letzten Jahren, jetzt nicht mehr in Sydney, sondern in Melbourne ansässig, mit Cathy Green, ex-X, am Bass, unter dem Namen IAN RILEN & THE LOVE ADDICTS auf der Bühne zu stehen.
58 wurde Rilen, und er war ein cooler Hund, ein - so klischeehaft das auch klingen mag - waschechter Rock'n'Roller, dessen neues und letztes Album mit "Passion Boots & Bruises" passender nicht betitelt sein könnte: Mit "Booze to blame" als Opener macht Rilen dann auch klar, worum es hier geht, um die Nöte des gewöhnlichen Mannes von der Straße nämlich, und so ist auch die Musik heute wie damals ganz basaler Rock'n'Roll, Blues und Boogierock.
Würde Rilen noch leben, hätte man mit den Resten von ROSE TATTOO, einem Solo-Auftritt von Lemmy und den SUPERSUCKERS als Gästen einen wunderbaren Abend zusammen verbringen können, doch daraus wird wohl nichts mehr.
Wer jedoch erwähnte Bands/Musiker schätzt, kann sich auch einfach mit reichlich Akohol und dieser Platte einen gemütlichen Herrenabend machen, sich dieser Straßenköterversion von Lou Reed hingeben.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #70 Februar/März 2007 und Joachim Hiller