Ian Glasper ist ein erwiesener Fachmann, was die Punk- und Hardcore-Szene Großbritanniens anbelangt, verfasste schon die Bücher „Burning Britain“ und „The Day The Country Died“ und war einst auch selbst bei DECADENCE WITHIN musikalisch aktiv.
Er war dabei, er kennt die Akteure der Szene, er weiß, wovon er schreibt, ist also nicht nur ein Journalist, der als faszinierter Außenstehender über ein Thema schreibt. Klar, sowas kann helfen, um eine gewisse professionelle Distanz zu schaffen, doch kommt es bei musikalischen Themen, zudem bei einem so kleinteiligen wie „UK Hardcore 1985-1989“, mehr auf Insider-Detailwissen an denn auf kritische Distanz.
Was Glasper bei allem Fachwissen aber abgeht ist etwas journalistische Kompetenz: Sein Buch ist extrem detailreich, die Schrift klein, die Seiten sind voll, doch es fehlt jedes Layoutkonzept, ja man findet wegen eines nur rudimentären Inhaltsverzeichnisses und fehlendes Indexes nur schwer durch das Buch, das auch einfach nicht schön aussieht.
Was schade ist, denn der Informationsgehalt ist hoch, sprach Glasper doch in den den letzten Jahren mit unzähligen Aktiven jener Szene aus der zweiten Hälfte der Achtziger, als 77er-Punk lange tot war, New Wave eine Lachnummer und Peace/Anarchopunk zunehmend irrelevant geworden war.
An die Stelle der großen Helden war, Bands wie G.B.H. oder DISCHARGE folgend, aber auch vom Metal beeinflusst und vom D.I.Y.-Spirit, den das Maximumrocknroll aus den USA nach Europa exportierte, eine neue Szene entstanden, in der sich so stilistisch verschiedene Bands wie NAPALM DEATH, HDQ, SNUFF, HERESY, CONCRETE SOX, EXTREME NOISE TERROR, THE ABS, RIPCORD oder SOFAHEAD tummelten, die auf neuen Labels wie Earache, Peaceville, Flat Earth, First Strike, Loony Tunes, Manic Ears, Meantime, Vinyl Solution oder Words Of Warning veröffentlichten.
Glaspers Buch, dessen Text vor allem in Sinnzusammenhänge gebrachte Interviewantworten ausmacht, am Stück durchzulesen ist ermüdend, so dass sich das nach Regionen und Bands gegliederte Werk (ein sinnvoller Kunstgriff, überschneiden sich doch Bands und ihre Mitglieder oft) eher als Nachschlagewerk etwa zur Frühgeschichte von NAPALM DEATH oder SNUFF taugt.
Aufgelockert wird die Bleiwüste durch eher wenige Flyerabbildungen und Schwarz-Weiß-Fotos, und im Anhang finden sich Diskographien der erwähnten Labels sowie Interviews mit Labelmachern, etwa Earache und Peaceville.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #88 Februar/März 2010 und Joachim Hiller