HERPES

Symptome und Beschwerden

Die beiden bisherigen HERPES-Rezensenten in diesem Heft kamen bei dieser Berliner Band unabhängig voneinander zu der Einschätzung „nicht verpassen“. Allerdings galt das dann doch eher für die Live-Shows, denn auf Platte wirkten HERPES bisher deutlich zahmer.

Das andere Problem dürfte sein, dass der Weg, den die Berliner beschreiten, bereits lange zuvor von den Zitronen geebnet wurde. Und so scheiden sich die Geister bei HERPES ähnlich wie bei den Zitronen spätestens bei Gesang und Texten, wo die deutsche Sprache auf fast schmerzhafte Weise gebeugt und in die Songs gepresst wird, um eine intellektuelle Eindringlichkeit zu erzeugen, die am besten funktioniert, wenn das nötige Maß an Selbstironie vorhanden ist.

Doch wo die Zitronen inzwischen fürchterlich artsy-fartsy und beinahe unhörbar geworden sind, können HERPES auf jeden Fall durch ihre extrem tighte musikalische Basis überzeugen. Die ist „very very Berlin“, extrem retro, aber auch ziemlich cool und sexy und durchweg punkig, so wie HERPES hier den besseren NDW von DAF oder FEHLFARBEN und den kantigen Postpunk von WIRE, DEVO und GANG OF FOUR aufgesogen haben, um das Ganze dann in doppelter Geschwindigkeit wieder rauszurotzen.

Und selbst, wenn das alles nur billiges Kalkül von neunmalklugen studentischen Slacker-Typen sein sollte, machen HERPES dabei nach wie vor deutlich mehr Spaß als viele andere Bands, die sich in diesem Retro-Bereich tummeln – die SHOCKS-Nachfolger ZACK ZACK dabei mal ausgenommen.