Ein subtil unheilschwangerer Prolog katapultiert uns in einen drückend heißen Wiener Sommer und in die Handlung dieses Romans. In dessen Verlauf werden wir ZeugInnen des seriellen unfreiwilligen Ablebens sozialdemokratischer Politiker, lernen bemerkenswert gebrochene und getriebene Charaktere kennen, sowie die Hauptfigur, Carl Sandtner, der mit den Dämonen seiner Vergangenheit und Gegenwart einen Tanz aufführt, der weit entfernt von einem Wiener Walzer ist.
Der Autor, Jahrgang 1980, der früher in diversen Punk/Hardcore/Metal-Bands aktiv war, webt einen dichten, stimmigen Bilderteppich, spielt gekonnt mit dem Tempo seiner Geschichte und versteht es nicht zuletzt durch die Kunst der Auslassung die Spannung zu steigern.
Sprachgenau wirft Schodl scharfe Blicke in diverse Wiener Milieus, kehrt deren Schattenseiten heraus. So befinden wir uns nach der akkuraten Beschreibung eines speziellen Wiener Mikrokosmos bald tief im Polizeikommissariat von Ottakring, einem Stadtteil, der kein wirklicher touristischer Hotspot ist.
Dessen personelles Inventar beschreibt Schodl so: „Andere waren besonders durchtrainiert, unruhig und laut. Wieder andere waren nichts von alledem, sondern einfach nur da.“ Solch pointierter, trockener Witz macht die Lektüre zum Vergnügen.
Während wir Sandtner auf der Suche nach einem verschwundenen Freund begleiten, lernen wir viel über Geschichte und Scheitern der Wiener Sozialdemokratie, und über die grundlegende Gier und Verderbtheit der Menschlein.
Wenn Sandtner zuletzt in Dubrovnik blutige Gerechtigkeit übt, ist klar – ich will mehr von ihm und Harald Schodl lesen!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #135 Dezember/Januar 2017 und Rainer Krispel