GESCHICHTEN AUS DEM VIERTEL

Gabi Beltrán, Bartolomé Seguí

Wenn eine Graphic Novel in Palma de Mallorca spielt, ruft das bei einem deutschen Leser erst einmal recht unangenehme Assoziationen an Massentourismus und seine Begleiterscheinungen hervor. Darum geht es hier aber zum Glück ganz und gar nicht: Nicht im Palma hier und jetzt, sondern in Palmas Rotlichtmilieu in den frühen 80ern spielen die „Geschichten aus dem Viertel“.

Diese erzählen von lebensfrohen und desillusionierten Jugendlichen, die nach und nach in dem Sumpf aus Suff, Armut, harten Drogen, Gewalt, Gefühlskälte und Kriminalität versinken, der sie umgibt.

Auch der jugendliche Hauptprotagonist Gabi steht am noch recht harmlosen Anfang dieser Spirale, säuft massenhaft Wodka, kifft und dreht etliche kleinere krumme Dinger. Doch während viele seiner Weggefährten kurz- oder langfristig auf der Strecke bleiben, gelingt es ihm dank seines Zeichentalents den scheinbar vorbestimmten Weg ins Elend zu verlassen.

Zeichner Seguí entdeckte die ursprünglich von Gabi Beltrán auf seinem Blog veröffentlichten autobiographisch eingefärbten literarischen Sequenzen und überzeugte Beltrán von einer Umsetzung als Graphic Novel.

Ergebnis ist ein Band aus mit graubunten Bildern unterlegten Erzählungen, der die bedrückende Mischung aus Aufbruchsstimmung und Resignation auch graphisch einfängt. Eingestreute reine Textsequenzen unterbrechen die graphisch aufbereitete Geschichte und erzählen, wie der erwachsene Gabi versucht, die letzten Jahre seines verstorbenen Vaters zu rekonstruieren.

Die einfühlsame, gleichzeitig tieftraurige und ermutigende Geschichtensammlung traf in Spanien den Nerv so Vieler, dass eine Fortsetzung dieses Bandes schon in Vorbereitung ist.