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FREEWAY

Angesichts einer weiteren, endlich mal vernünftigen DVD-Veröffentlichung von Matthew Brights Regiedebüt (der früher bei Oingo Boingo gespielt hat, der Band von Danny und Richard Elfman – ersterer hat ja u.a.

das Simpsons-Thema komponiert) frage ich mich, was macht der Mann eigentlich gerade? Denn sein letzter, irgendwie verunglückter, aber nicht uninteressanter Film TIPTOES stammt von 2003. Ein aktuelles Projekt namens THE MANSON GIRLS scheint wohl gerade auf Eis zu liegen, zumindest verweist der Zusatz „in production“ und das Jahr „2008“ darauf.

Schade, der Mann hatte mir mit FREEWAY und der „Fortsetzung“ von 1999 viel Freude gemacht, und auch sein TED BUNDY war keine unbedingt schlechte True Crime-Verfilmung gewesen. Mit FREEWAY hatte Bright die persönliche Messlatte bereits recht hoch gelegt, bei dem ich damals einen eher minderbemittelten B-Film vermutete.

Aber das Ganze entpuppte sich als erfrischend geschmacklose und schwarzhumorige Parodie auf gängige Roadmovie/Serienkiller-Streifen, und gleichzeitig als moderne Version von „Rotkäppchen“.

Dieses Spiel mit Märchenelementen zeichnete dann ja auch FREEWAY II: CONFESSIONS OF A TRICKBABY aus, der hierzulande um sicherlich zwei Minuten gekürzt wurde. In FREEWAY spielt Reese Witherspoon ein unbedarftes wie nicht besonders helles White Trash-Mädel (eine Rolle, die ihr möglicherweise inzwischen peinlich ist), deren drogenabhängige Mutter (Amanda Plummer) auf den Strich geht und deren Stiefvater sie direkt zu Beginn vergewaltigen will.

Als die beiden wenig später im Knast landen, macht sie sich auf den Weg zu ihrer Großmutter, wo sie auf den einfühlsamen Kinderpsychologen Bob Wolverton (Kiefer Sutherland) trifft, der sich allerdings als berühmter Wolf im Schafspelz entpuppt („Them are some mighty big fuckin’ teeth ya got there, Bob.“), womit die schrägen Wendungen der Handlung noch nicht ihr Ende gefunden haben.

Bright gelingt es dabei vorzüglich, die Funktionsweise billiger B-Filme aufzugreifen und daraus eine pointierte Satire über die sensationsgierige True Crime- und Reality TV-Besessenheit unserer Gesellschaft zu machen, mit einer ordentlichen Dosis Tiefenpsychologie.

Und es wundert einen wirklich, dass FREEWAY trotz seiner bewusst provokanten Tabubrüche und grenzwertigen Brutalität ausgerechnet hierzulande immer ungeschnitten „ab 16“ freigegeben war, während diesmal Amis, Engländer und Australier die Schere ansetzten.

Ein Film, den man aufgrund seiner etwas trashigen Verpackung leicht unterschätzen kann und dessen komprimierter stylischer Irrsinn sicher vielen zu weit gehen wird. Seine Tex Avery-Überdrehtheit und zynische Cleverness verleihen ihm aber durchaus verdient das Prädikat „kultig“ – die Meinungen darüber gehen allerdings ziemlich auseinander.

Die aktuelle Kinowelt-DVD enthält endlich mal die Originaltonspur und hat auch ein vernünftiges Bildformat zu bieten – danke, lange genug hat’s ja gedauert.