CHROME

Feel It Like A Scientist

Die Mitte der Siebziger von Damon Edge in San Francisco gegründeten CHROME gehören mit ihrem unkonventionellen, atonalen Psychedelic-Industrial-Noise-Rock zu der Sorte legendärer Bands, über deren großen Einfluss man zwar oft liest, aber deren Platten nur die wenigsten gehört haben.

Bedingt ist das sicherlich dadurch, dass ihr Frühwerk zum größten Teil auf Edges eigenem Label Siren Records erschien und dadurch nur auf verschlungenen Pfaden den Weg nach Europa fand. Mit Ausnahme des vierten Albums „Red Exposure“ von 1981, das bei Beggars Banquet in England erschien und auch heute leicht erhältlich ist, während zahlreiche Rereleases anderer CHROME-Platten in der Obskurität verschwanden, möglicherweise auch wegen der unklaren lizenzrechtlichen Situation.

Denn 1995 verstarb Edge, womit das Kapitel CHROME an sich erledigt war. Aber dessen langjähriger Partner Helios Creed hat auch nach Edges Tod noch versucht, den CHROME-Kult am Leben zu erhalten, auch gegen die Widerstände von dessen Familie.

Von Creed hatte sich Edge allerdings recht unschön getrennt, als er 1983 mit seiner Frau Fabienne Shine, Frontfrau der Hardrock-Band SHAKIN’ STREET und auch schon auf „3rd From The Sun“ von 1982 bei zwei Stücken als Backgroundsängerin zu hören, urplötzlich nach Europa entschwand.

Dort nahm Edge zwar bis kurz vor seinem Tod zahlreiche weitere Platten unter dem Namen CHROME auf, auch wenn weder Creed noch Edge nach ihrem letzten gemeinsamen Album „3rd From The Sun“ wieder die ursprüngliche, extrem verstörende CHROME-Intensität erreichen konnten.

Wobei es in der Regel spannender war, was Creed später solo veröffentlichte, etwa auf Amphetamine Reptile Records. Die letzten beiden Platten unter dem Namen CHROME, „Ghost Machine“ und „Angel Of The Clouds“, erschienen 2002, letzteres mit alten Damon Edge-Aufnahmen, die Creed posthum vervollständigte.

Mit „Feel It Like A Scientist“ versucht Creed jetzt zwölf Jahre später, ein weiteres Mal seine alte Band zu reanimieren, und versteht das natürlich auch als Huldigung seines toten Partners.

Beschrieben wurden CHROME oft als „first true acid punk band“ oder als „THE STOOGES playing CAN in cyberspace“, und was Creed auf „Feel It Like A Scientist“ präsentiert, kommt dem erstaunlich nahe, was das Duo in ihrer Anfangszeit auf die Menschheit losließ.

Das war im Kern letztendlich auch nur Psychedelic Rock, der aber dermaßen roh, wild und bisweilen dilettantisch umgesetzt und mit seltsamsten Geräuschen unterlegt wurde, dass man wirklich vermuten musste, es würde sich um das Werk von Außerirdischen handeln.

Selbst Spacerock-Pioniere wie HAWKWIND konnte bei weitem nicht den drogeninduzierten Wahnsinn von CHROME erreichen. Der ist auf „Feel It Like A Scientist“ immer noch gut spürbar, auch wenn Creed inzwischen aus gesundheitlichen Gründen auf Rauschmittelexzesse verzichten muss.

„Normaler“ klingt das Album deswegen allerdings nicht.