ATAR GULL

Fabien Nury, Brüno

Im ersten Moment vermutet man hinter „Atar Gull“ eine öde Geschichtsstunde in Sachen Sklaverei und Kolonialismus, wird aber mit einer grimmigen Abenteuergeschichte überrascht. Als Basis diente Texter Fabien Nury und Zeichner Brüno der gleichnamige Roman eines gewissen Eugène Sue von 1831, der wie in anderen seiner Bücher aus dieser Zeit seine Erfahrungen als Schiffsarzt verarbeitete.

Sue war ein recht schillernder Charakter, der eigentlich Chirurg war und 1823 als Militärarzt am Spanienfeldzug teilnahm, dann als Schiffsarzt zur See fuhr und bei seiner Rückkehr Maler werden wollte.

Schließlich wird er Schriftsteller und führt ein ausschweifendes Leben in der Pariser Gesellschaft, bis sich der Dandy einige Jahre später zum Sozialisten wandelt. In Nurys und Brünos Geschichte geht es es um den afrikanischen Königssohn Atar Gull, der 1830 in die Hände eines Piraten und Sklavenhändlers gerät, der ihn an einen jamaikanischen Farmer verkauft.

Auch wenn sich Atar Gull als äußerst anpassungsfähig erweist und schnell das Vertrauen des Plantagenbesitzers erlangt, wird er nur von dem Ziel angetrieben, diabolisch Rache an seinen Peinigern zu nehmen.

Vielleicht hätte Tarantino für „Django unchained“ lieber diese Geschichte verfilmen und seinen Western-Quatsch weglassen sollen, denn „Atar Gull“ besitzt echte Blaxploitation-Qualitäten. Zudem durchzieht „Atar Gull“ ein zutiefst pessimistische Grundstimmung, da eigentlich alle Charaktere einem grausamen Schicksal entgegensteuern, das ihnen die letzte Menschenwürde nimmt.

Anscheinend war Sue mit seinen spannenden Geschichten damals seiner Zeit weit voraus, denn dessen zynische Schilderungen der Perversitäten der Welt besitzen ebenfalls eine deutliche soziale Komponente.