VASELINES

Enter The Vaselines

Kann man eigentlich eine Kuh zweimal melken, von der quasi kaum jemand weiß, dass sie überhaupt existiert? Eine interessante Fragestellung, noch nicht mal eine hypothetische, denn genau das hat Sub Pop mit „Enter The Vaselines" getan, einer Neuauflage von „The Way Of The Vaselines: A Complete History" aus dem Jahr 1992.

Darauf versammelte sich das zwischen 1986 und 1989 entstandene Schaffen dieses aus Edinburgh stammenden Duos, das erst für das finale Album „Dum Dum" zum echten Quartett anwuchs. Wahrscheinlich würde wirklich kein Schwein diese Band kennen, hätten NIRVANA mit „Son of a gun", „Molly's lips" und „Jesus wants me for a sunbeam" nicht einst drei ihrer Songs gecovert und Kurt Cobain sie in Interviews gerne mal als etwas fraglichen Einfluss genannt.

Eigentlich stehe ich ich ja nicht auf so eine Art bewusst dilettantisch gehaltenen Naiv-Pop, der vor allem an BEAT HAPPENING und THE PASTELS erinnert (auf Stephen Pastels nach der zweiten Single der RAMONES benannten Label 53rd & 3rd erschien dann auch der gesamte damalige Output der Band), aber das vorhandene songwriterische Genie der Schotten lässt sich dabei schwer von der Hand weisen.

Und Humor haben sich auch noch, denn wie der Name es schon andeutet, ist die Musik der VASELINES quasi das Gleitmittel für ihre Texte, in denen es vor allem um eins geht: Sex! Oder was würde man ansonsten hinter Titeln wie „Monsterpussy", „Rory rides me raw" oder „Molly's lips" vermuten? Waren ihre beiden EPs noch etwas durchwachsen, ist der Longplayer „Dum Dum" dann tatsächlich voller großartiger Songs, die richtig rocken und glücklicherweise den leiernden, amateurhaften Minimal-Pop der Frühwerke auf ein Minimum reduzieren.

Aufgrund der Simplizität ihrer grundsätzlichen Herangehensweise sind die VASELINES eigentlich eine waschechte Punkband, auch wenn sie ebenso stark von traditioneller englischer Popmusik beeinflusst sind, wie viele damalige Insel-Indierock-Bands, und hätten damit eigentlich auch locker auf den C86-Sampler des NME gepasst, waren dafür aber zu spät dran.

Hat man sich erst mal an den eigenwilligen Sound der VASELINES gewöhnt, fällt es schwer, sich ihrem unbeschwerten Charme zu entziehen, zumal die sich auch einen Dreck um etwaige Massentauglichkeit scherten, halt wunderbare Spinnermusik.

Inzwischen standen Eugene Kelly und Frances McKee sogar mal wieder zusammen auf einer Bühne, aber es dürfte schwer sein, da anzuknüpfen, wo die beiden 1989 aufgehört haben. Auf der ersten Disc von „Enter The Vaselines" befinden sich die bereits bekannten 19 Songs der früheren Compilation, hinzugekommen ist eine zweite Disc mit Demos und Live-Aufnahmen, die nur was für echte Fans ist, denn eigentlich klingen die VASELINES bereits im Studio ausreichend rauh und amateurhaft, das muss man nicht noch unbedingt steigern.

Ansonsten ein schönes und wichtiges Release, denn ehrlich gesagt war auch mir die Existenz dieser Band vollkommen entfallen.