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BULLFIGHT

Eggs & Marrowbone

Eine komplexe Doppelveröffentlichung: zum einen eine LP mit Musik der niederländischen Band THE BULLFIGHT um Nick Verhoeven und Thomas van der Vliet, ihre siebte seit 2004. Zum anderen ein Buch im A4-Format, 124 Seiten dick, mit dem Untertitel „The Art Of The Murder Ballad“.

Und dieser Untertitel gibt das Thema vor, nicht von ungefähr ist es ein Aufgreifen des 1996er Nick Cave-Albums, quasi eine Fortführung von dessen Konzept, mit dem dieser wiederum einer Liedgattung Tribut zollte, die seit dem Mittelalter schon Menschen faszinierte – quasi die vertonte Art des Gafferfotos, des Horrorfilms, der Bild-Schlagzeile: der Grusel am Unglück anderer, eine seltsame, aber faszinierende Perversion des menschlichen Geistes.

Nun haben THE BULLFIGHT, die auf all ihren Alben mit versiert instrumentiertem Pop Noir überzeugen, nicht einfach bei Nick Cave abgekupfert, sondern ihre eigenen Mordballaden geschrieben („Doomsday prepping“ nimmt auf gruselige Weise den Fall des Mannes vorweg, der in den Niederlanden bis zum Oktober 2019 eine Familie im Keller gefangen hielt) – intonieren diese aber bisweilen, auch gesanglich, nah dran an Herrn Cave und seinen BAD SEEDS.

Die Instrumentierung mit Streichern ist sehr schön umgesetzt, die zehn Stücke auf dem blutroten Vinyl, das erstaunlicherweise mit 45 rpm rotiert, fesseln durchweg. Und während man so zuhört, greift man dann zum Buch, zu dem das Musikalbum eigentlich der Soundtrack ist.

Thomas van der Vliet sammelte hierfür Bilder von über hundert Künstler*innen aus aller Welt – mal Comics, mal Fotos, mal Collagen, mal Gemälde –, die sich alle mit dem Thema Tod/Mord beschäftigen, mal konkret, mal abstrakter.

Ergänzt werden die Bildseiten um Hintergrundtexte, die Lyrics der Albumsongs und ein Interview mit Mick Harvey von den BAD SEEDS über „Murder Ballads“. Ein sehr ambitioniertes, komplexes Projekt, dem man die Liebe anmerkt, die hier in jedes Detail gesteckt wurde.