Wahrscheinlich kennen Ed Bruce bedeutend mehr Leute als Darsteller in der Achtziger-Jahre-Westernserie „Brett Maverick“ denn von seinen Platten. Schade eigentlich, denn Bruce, seit 1957 auch als Sänger tätig, konnte mit seinen Aufnahmen für Sun und Wand einige Kracher verbuchen, auch wenn nur die wenigsten davon einen kleinen Hauch von Erfolg erleben durften. Mit seinen drögen, traurigen Minimal-Country-Songs lieferte er dabei jedoch grundsolides Material, aus dem geschickteres Marketing und Vitamin B bestimmt ein paar Hitplatzierungen hätten zaubern können. „The ballad of Ringo“, eine unveröffentlichte Sun-Aufnahme aus dem Jahr 1957, klingt verblüffend ähnlich wie Lee Hazlewoods erste Gehversuche auf „Trouble Is A Lonesome Town“; „Doll baby“ hingegen nach frühem Johnny Cash. Zugegebenermaßen ist die stimmliche Performance von Ed nicht annähernd auf dem Niveau dieser großen Namen, das tut seinen oftmals rührend unbeholfen wirkenden Aufnahmen allerdings keinen Abbruch und trägt zum verzweifelten Loser-Charme bei. Mit Songs aus den späten Fünfzigern bis ins Jahr 1965 bringt Bear Family eine spannende Werkschau eines Künstlers ohne allzu hohe Ambitionen, dafür mit ebenso leidenschaftlichem wie amateurhaftem Vortrag. Remastering, Beiheft und Linernotes sind natürlich abermals auf Top-Niveau.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #158 Oktober/November 2021 und Gereon Helmer