Da sind sie also wieder: HEITER BIS WOLKIG waren Ende der Achtziger und in den Neunzigern ein wichtiger Bestandteil der politischen Punk-Szene in Deutschland. Anders als prägende Bands wie SLIME oder RAZZIA, startete die Combo aus dem Rheinland als Comedy-Formation, die eine wirklich witzige Mischung aus Anarchie, autonomer Bewegung, Spaß und Punkrock auf die Bühne und zahlreiche Tonträger brachte.
Immer witzig, bitterböse und extrem politisch. Spaßguerilla war das - und es war verdammt cool. Und nicht zuletzt die Schwarze-Block-Hymne "Hey Rote Zora" von 1992 dürfte auch viel später punksozialisierten Stachelköpfen geläufig sein.
Im Laufe ihres Bestehens durchlief die Formation einige Veränderungen. Das einschneidendste Ereignis dürfte wohl damals der Ärger mit autonomen Gruppen gewesen sein: Nach einem Auftritt in der Hamburger Hausbesetzerszene hatte es Vergewaltigungsvorwürfe gegen ein Bandmitglied gegeben.
Eines der Urmitglieder von HBW verließ daraufhin die Band. Danach traten die restlichen Mitglieder mal unter dem Namen DIE BENGELS und später als HÄRTER BIS WOLKIG in Erscheinung. Ende der Neunziger schließlich gab es auch wieder Scheiben als HEITER BIS WOLKIG, dann war der Ofen nach zehn Jahren anscheinend aus.
Weitere zehn Jahre später will Ur-HBWler Micha Ochwart nun mit den ROTEN RATTEN den Geist der vergangenen Jahre wieder aufleben lassen. Mit an Bord ist sein ehemaliger Kollege Marco Gödde und eine komplette Band (zu HBW-Zeiten gab es die Musik bei Auftritten meist vom Band oder in Form von Gastmusikern wie SLIME).
Und ja: DIE ROTEN RATTEN machen ihre Sache gut, spielen alte HBW-Klassiker wie "Nein, nein, wir wollen nicht eure Welt" (damals in Zusammenarbeit mit dem genialen Kölner Straßenmusikanten Klaus der Geiger) neu ein, legen eine neue Palette vor allem politisch geprägter Punkrock-Songs vor und garnieren das Ganze mit ein paar kleinen Hörspielen.
Dazu tritt auch HEITER BIS WOLKIG in Erscheinung: Ochwart, Gödde unterstützt von ein paar anderen Musikern (u.a. Ex-SLIME-Elf an der Gitarre), steuern gut die Hälfte der Stücke auf der CD bei.
Und zum Teil atmen diese Songs mit Adaptionen der DDR-Hymne "Auferstanden aus Ruinen" oder der Coverversion des schrecklichen 3-COLONIA-Gassenhauers "Bier un'n Applkorn" (hier: "Nie wieder Führerschein") dabei sogar stärker den alten HBW-Comedy-Punk-Geist als die etwas aggressiveren Ratten-Stücke - aber im Gesamten verschwimmen die Grenzen beim Zuhören.
So ergibt sich ein Album, das wirklich Spaß macht, nicht zu sehr in der Vergangenheit verharrt und trotzdem den Geist dieser damals wirklich wichtigen Formation weiteratmet. So darf eine Reunion aussehen.
(66:33) (8)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #75 Dezember 2007/Januar 2008 und Alex von Streit