Die No Fun-Welle bei Sireena Records rollt weiter und überrollt den Musikinteressierten mit einer kompletten Werkschau der Hannoveraner MYTHEN IN TÜTEN, deren Subversivität eindeutig in der Banalität liegt.
Hier werden Schlagerklischees so ernsthaft und überzogen dargeboten, dass sie immer kurz davor stehen umzukippen und der Hörer es schon gar nicht mehr wahrnimmt, dass es sich um eine komplett „neue“ Musik handelt.
Wird er sich dessen bei eindeutigen Querverweisen und Spannungsspitzen dann aber doch bewusst, haben sich die Melodien schon festgefressen und den größtmöglichen Schaden hinterlassen. MYTHEN IN TÜTEN betreiben den perfekten Mimikry und klingen, als ob der spitzbübische „Ich will Spaß“-Markus Texte von INSTERBURG &CO. interpretieren müsste.
Würde heute so etwas produziert, würde man wohl versuchen, irgendeinen intellektuellen und ernsthaften Pop-Bezug herzustellen, aber das würde diesem gnadenlosen Rundumschlag nicht gerecht: Es will Schlager, es ist Schlager.
Damit trifft es das kollektive Gedächtnis der Deutschen an seiner empfindlichsten Stelle und dieser Ansatz macht MYTHEN IN TÜTEN zeitlos und absolut wiederentdeckungswürdig. Für die historische Abhandlung und das weitere Wirken der Ehemaligen gibt es erläuternde Texte im dazugehörigen Beiheft, die man am besten während der Wiedergabe dieses reichhaltigen und nahrhaften Tondokumentes genießt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #91 August/September 2010 und Carsten Vollmer