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DER RING DES NIBELUNGEN

P. Craig Russell, Patrick Mason

So etwas wie „Der Ring des Nibelungen“ setzt man als Comiczeichner nur einmal in seinem Leben um und wird für immer an diesem Werk gemessen werden. Die Comicversion des Nibelungen-Zyklus von Richard Wagner ist eine Aufgabe, bei der viele sofort abwinken würden. Zu belastet ist der Künstler und diese deutscheste aller deutschen Erzählungen ist auch noch alles andere als leichter Stoff. Aber wo immer „unverfilmbar“ oder „nicht adaptierbar“ dranklebt, ist die Herausforderung umso größer. Und im Gegensatz zur 16-stündigen Originalaufführung der Oper, hat die hervorragend umgesetzte Comicadaption gleich mehrere Vorteile: Niemand hustet im Saal, es gibt keinerlei aufgeblasene Musik, und wenn du genug hast oder aufs Klo musst, kannst du den Wälzer einfach beiseitelegen, um später weiterzulesen. Für den Abriss der gesamten Handlung reicht der Platz hier nicht, aber ich gehe davon aus, dass die meisten sich schon durch die eine oder andere Verfilmung gequält haben oder wenigstens Teile der Erzählung kennen. Nur so viel: Von Mord und Totschlag, Drachentöten, Verrat, Meuchelmord, Heldentaten, Liebesstory bis hin zu rachsüchtigen Göttern ist alles dabei, was eine große Saga ausmacht. Die inzwischen dritte Opern-Adaption von Russel ist hervorragend gelungen, nirgends wurde etwas ausgespart oder gestrafft. Die realistische, grafische Umsetzung hat einen klaren Strich und würde auch ohne Farben funktionieren. Das Spiel mit den verschiedenen Panelgrößen, bei der Russel alle Formate ausreizt, kommt einer klassischen Verfilmung nahe und könnte problemlos als Storyboard dienen. Meisterhaft umgesetzt, ganz ohne Beigeschmack und den Pathos des Soundtracks.