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ÄRZTE

Debil

1984 war ich 16 und im besten ÄRZTE-Fan-Alter, allein: die Band interessierte mich nicht. DIE TOTEN HOSEN hingegen schon. Ob die Berliner mir zu Pop, zu schlageresk, zu Bravo waren? Möglich wäre es. Ich erinnere mich, dass etwas später eine Freundin erzählte, sie habe im Urlaub in Rom die Band getroffen und angesprochen, diese habe sie arrogant abgewimmelt, sie war als Fan tief getroffen – und ich als Punk fragte mich, was die von diesen Pop-Fuzzis eigentlich wollte.

Ganz eindeutig: keine Platte wurde damals gekauft, die Auflösung ließ mich kalt, und erst mit den Nach-DÄ-Projekten DEPP JONES und KING KØNG nahm ich die Musiker überhaupt bewusst wahr. Seit der Neugründung 1993 hingegen weiß ich die Band zu schätzen, immer wieder waren Bela, Rod und Farin seitdem im Ox präsent, einmal sogar auf dem Cover.

Und da DÄ zum punkpopkukturellen Erbe dieses Landes zählen, kannte ich irgendwann auch die Lieder der 1984 noch verschmähten Debütplatte „Debil“. „Paul (der Bademeister)“ ist ein ewiger Überhit, „Mädchen“ und „Zu spät“ auch, und das lange indizierte „Claudia hat ’nen Schäferhund“ sowieso.

Nachdem das Album 1987 indiziert worden war, wegen „Claudia ...“ und „Schlaflied“, durfte es nur noch von Menschen ab 18 gekauft werden, erst 2004 nahm die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schiften/Medien ihr Urteil zurück, 2005 kam eine Neuauflage, auch auf Vinyl, unter dem leicht abgewandelten Titel „Devil“, und nun wurde, wohl zum ersten Mal seit 1990, „Debil“ in der originalen Version neu aufgelegt.

Und 35 Jahre nach dem Release schreibe ich mit großer Überzeugung: ein Album, das in keiner Sammlung fehlen darf.