DAS ZICKZACK-PRINZIP

Christof Meueler

Das Musikbusiness hat oft eine Menge mit Süchten und Maßlosigkeiten zu tun. So auch in der gelungenen Biografie über Alfred Hilsberg, der da nach jahrzehntelanger Wodka getränkter Fahrt durch das unwegsame Gelände des Musikbiz nun in seiner kleinen Wohnung auf dem Bett sitzt, und auch ein Jahr vor dem siebzigsten Geburtstag noch damit beschäftigt ist, neue Deals einzufädeln.

Aufgewachsen im Wolfsburg der Nachkriegsjahre, hatte die Musik sehr schnell für Hilsberg befreienden und heilsamen Charakter. Er bringt die VIBRATORS als erste Punkband im Februar 1977 in die BRD, gründet Labels und versucht sich dazwischen als Musikverleger, Booker, Filmdozent, Musikjournalist und eben Labelmanager.

Geradezu ein Phantomschmerz setzt beim Lesen ein, als man erfährt, dass Hilsberg aus Platzgründen seine komplette Demo- und Probeaufnahmen in den Müll schmiss, „mindestens ein Einfamilienhaus“, wie er zugibt.

Auch die eigene Plattensammlung (rund 7.000 LPs) gibt er ab, um die Labelpleite abzuwenden, für eine Kofferraumladung bekommt er 3.000 Euro. Angstfrei agiert er dabei freilich nicht, doch er setzt auf die Tat, bevor er an die Finanzierung denkt.

Er klingelt beim Verfassungsschutz und bekommt ein Interview. Er sorgt mit dafür, dass Punk in Deutschland kein Potemkinsches Dorf beibt, indem er die Bewegung mit Leben füllt. Meueler verfällt zum Glück nicht dem „Schmiergeld namens Nähe“, sondern versucht, sämtliche Facetten dieses Alfred Hilsberg aufzuzeigen.

Das labyrinthartige Geflecht der Musikindustrie wird prima beleuchtet. Ein wichtiges, lesenswertes Buch, analog zu „Verschwende deine Jugend.“