„Nathanaëlle“ erinnert in vielen Details an Science Fiction im Stil von Terry Gilliam oder Luc Besson. In dieser Zukunftsvision leben die Menschen getrennt voneinander: die Reichen, unsterblich geworden, oben, die Armen, die glauben, die Erde sei unbewohnbar, unter der Oberfläche. Oben Polizeistaat und Überwachung, unten tristes Dasein. Bis eine junge Frau, ausgestattet mit Cyborg-Teilen, aus ihrem unterirdischen Leben ausbricht und diese Ordnung infrage stellt. Das Ganze ist recht schön in Szene gesetzt, entspricht aber nicht gerade den gegenwärtigen SciFi-Trends, die dann doch irgendwie dreckiger sind. Auch wenn viele Themen angeschnitten werden, hat man häufig das Gefühl, die Handlungsstränge vorausahnen zu können und das schon mal irgendwo gelesen oder gesehen zu haben. Mit Ausnahme des als Kaffeemaschine Wiedergeborenen vielleicht. Wirklich überwältigend oder herausragend ist „Nathanaëlle“ leider an keiner Stelle. Dafür ist die Geschichte zu schwach, zudem sind in vergangener Zeit einfach zu viele SciFi-Dystopien erschienen. Auch die hier entworfene Welt hätte mehr bieten können und bleibt am Ende etwas farblos. Vor allem das abrupte offene Ende dürfte Geschmacksache sein, da man dabei nicht mit einem zum Nachdenken anregenden Cliffhanger zurückgelassen wird, sondern vielmehr das Gefühl hat, dass einfach die zur Verfügung stehenden Seiten ausgeschöpft waren. „Nathanaëlle“ endet so plötzlich, dass man tatsächlich noch einmal nachschaut, ob das jetzt wirklich nur ein Einzelband ist. Was vermutlich als erzählerischer Kniff gedacht war, wirkt so leider enttäuschend. So bleibt „Nathanaëlle“ leider im Mittelfeld dessen, was Science Fiction momentan so zu bieten hat.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #160 Februar/März 2022 und Dennis Müller