Über Musik schreiben ist wie zu Architektur tanzen - angesichts dieser schönen Textzeile kann man als Schreiberling eigentlich gleich wieder einpacken. Aber den Gefallen werde ich den vier Hamburgern nicht tun, schließlich gibt es über das vierte ...BUT ALIVE-Album einiges zu sagen.
Außer den gewohnt intelligenten und zynischen Texten hat sich nämlich v.a. in musikalischer Hinsicht einiges im Hause ...BUT ALIVE geändert. Denn mit "Hallo Endorphin" verabschieden sie sich vorsichtig, aber dennoch bestimmt vom Punkrock.
Wir erinnern uns: Mit unpolitischen Bierzelt-Punks und politisch korrekten Szene-Katholiken konnten sie ja noch nie etwas anfangen. Diese Einstellung wird nun auch in musikalischer Hinsicht deutlicher als je zuvor - klassische, schnelle Punkrock-Songs sucht man auf dem neuen Album vergeblich.
Statt dessen nähert sich das Quartett aus dem hohen Norden ungezwungen der Popmusik an, wobei die Jungs auch nicht vor dem Gebrauch von dezenten Keyboards und Bläsern zurückschrecken. Wer aber nun enttäuscht glaubt, es mittlerweile mit irgendeiner belanglosen Popband zu tun zu haben, der irrt sich gewaltig, denn ...BUT ALIVE sind so melancholisch, zynisch und angriffslustig wie eh und je.
Heute gehen sie z.B. in einem etwas anderen musikalischen Gewand auf Studentenparties ("Aus den Boxen: Guns'n Roses. Und ob du lachst oder weinst: Gleich gibt's Simple Minds"), betrachten dort die Leute, um dabei zu folgender Einsicht zu gelangen: "Klar kannst Du Dich mal melden, halt nur nicht bei mir": Auf dieser Platte bekommt eigentlich fast jeder sein Fett weg, egal ob es sich um typische Studenten, Spießer, Fußballer, Musikkritiker oder trendbewußte Jugendliche handelt.
Und um eine letzte mögliche Befürchtung aus der Welt zu räumen: Nein, mit der sogenannten "Hamburger Schule" hat "Hallo Endorphin" nicht viel zu tun - niemand braucht zu befürchten, hier auf langweilige, nichtssagende und vor sich hin wimmernde TOCOTRONIC-Milchbubis zu treffen.
BUT ALIVE haben einen mutigen Schritt vorwärts getan, aber die letzten Worte überlassen wir den Künstlern selbst: "Meinst Du es wirklich ehrlich oder tust du nur so als ob? Ich tu nur so als ob, aber das mein' ich ehrlich." Alles ist relativ!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #36 III 1999 und Elmar Salmutter