Ich mag Baby Dee, zweifellos, ein faszinierender Performer und eine schrille Transgender-Persönlichkeit, die sich elegant im Spannungsfeld von Kitsch und Kunst bewegt, aber Menschen mit weniger starken Nerven sehr schnell überstrapazieren dürfte.
Und live ist Baby Dee dann noch ein ganz anderes Kaliber, wenn die Feinheiten der Studioproduktionen etwas verloren gehen und die ganze musikalische Schräglage der Kompositionen und der generellen Darbietung in ungefilterter, wesentlicher unmittelbarerer Form auf den Hörer einwirken.
Wobei Dee dabei nicht unbedingt weit von ähnlich exzentrischen Auftritten eines John Cale oder Joe Jackson aus den Achtzigern entfernt ist. In diesem Fall sicher bedingt durch die starke Einbeziehung eines Pianos – eigentlich ist Dee ja für sein Harfe-Spiel bekannt –, das auch im Mittelpunkt des letzten exzellenten Albums „Regifted Light“ stand, und einer generellen Hinwendung zur Klassik innerhalb eines U-Musik-Kontextes.
Auf zwei CDs gibt es hier 20 in Amsterdam mitgeschnittene Songs, bei denen Dee deutlich damit kokettiert, dass ihn viele Leute wahrscheinlich einfach für völlig durchgeknallt halten, erweist sich dabei als warmherziger und humorvoller Performer, der die emotionale Intensität des Studiomaterials auch auf einer Bühne bestens umsetzen kann, ohne dass es sich hier um eine Live-Aufnahme von musikhistorischem Wert handeln würde.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #89 April/Mai 2010 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #98 Oktober/November 2011 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #95 April/Mai 2011 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #77 April/Mai 2008 und Thomas Kerpen