Hardrock ist nicht gerade meine Lieblingsmusik. Weil es aber viel stärker als Punk ein männerdominiertes Genre ist, hat es etwas für sich, wenn Frauen es für sich beanspruchen – besonders wenn sie dabei so abliefern wie ANTI-QUEENS. Stellt euch vor, WOLFMOTHER wären Ende der Neunziger von Joan Jett gegründet worden. Frontsängerin Emily Bones hätte mit ihrer kratzigen, aber stellenweise auch süßlichen, fast piepsigen Stimme perfekt in die Alternative-Szene von vor zwanzig Jahren gepasst. Mein erster Gedanke war tatsächlich, es klingt wie eine rotzigere Version von LETTERS TO CLEO. Die stärksten Songs sind für mich „Miss Scarlett“ und „Run“. Bei ersterem bekommen wir ein Feuerwerk aus kratzigen Vocals und krachenden Gitarren. In den Lyrics lassen sie sich wütend über die Menstruation aus („I never wanted you around no / So stay the fuck away from me“) und, boy, kann ich das nachfühlen. Das ist wirklich rohe Frauenpower – geil. „Run“ ist ein spaßiger Pop-Punk-Song. Insgesamt ist mir die Platte aber zu überladen. Sie motiviert leider nicht dazu, auf den Text zu achten, was ich etwas schade finde. Es gibt Bands, da trägt die Musik den Text. Hier ist es umgekehrt. Der Soundteppich ist so dicht, dass die Lyrics schlecht zur Geltung kommen, das bekommen andere einfach besser hin. Bock aufs nächste Album, das schon im Sommer 2021 erscheinen soll, habe ich trotzdem.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #153 Dezember/Januar 2020 und Julia Segantini