WIRE verstanden es schon immer, ihre Fans zu frustrieren, vor allem nach ihren drei wegweisenden Platten „Pink Flag“, „Chairs Missing“ und „154“ Anfang der Achtziger, als sie live das Publikum mit enervierenden Improvisationen terrorisierten, um den Sellout-Mief der ersten britischen Punk-Generation abzuschütteln.
Ebenfalls Vorsicht geboten war bei den Platten der Herren Colin Newman, Graham Lewis und Bruce Gilbert abseits von WIRE. Auf Editions Mego hat deren Bassist Graham Lewis, der inzwischen in Schweden lebt, jetzt zeitgleich zwei Alben veröffentlicht, die ähnlich wie die Platten von Bruce Gilbert in experimentellen Elektronik-Gefilden anzusiedeln sind.
Dabei ist „All Over“ das deutlich songorientiertere Werk, das mit dem poppigen „Straight into the corner“ startet, sich dann aber zusehends in düsteren Soundscapes verliert, bei denen Lewis auf nicht uninteressante und vielschichtige Weise seiner Experimentierlust freien Lauf lässt, zwischen Industrial und irgendwie technoiden Klängen.
Alles recht schmerzfrei anhörbar, aber nur bedingt mit WIRE verknüpft. Die vier Stücke von „All Under“ liefern dann aber nicht mehr als substanzloses, spannungsarmes Ambient-Rauschen, das bereits als Filmmusik und Hintergrundbeschallung für Kunstinstallationen diente.
In diesem Kontext mag so etwas tatsächlich das Unterbewusstsein des Hörers erreichen, ohne konkrete Bilder passiert hier nicht allzu viel, außer dass sich ein Gefühl der Ermüdung einstellt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #116 Oktober/November 2014 und Thomas Kerpen