Wo der Name des britischen Texters Alan Moore draufsteht, sollte man vielleicht nicht unbedingt immer gleich ein Meisterwerk vermuten, aber in jedem Fall Comic-Lektüre, die sich vom Mainstream abhebt.
Der H. P. Lovecraft-Kenner wird sich aufgrund des Titels „Neonomicon“ schon bereits denken können, dass es sich hier um eine Hommage an den vielzitierten amerikanischen Horror-Schriftsteller handelt, zu dessen berühmtester Schöpfung ein Buch namens „Necronomicon“ gehört, das Teil des Cthulhu-Mythos’ ist.
Als Zeichner stand Moore dabei Jacen Burrows zur Seite, der auch mit Garth Ennis bei „Die Chroniken von Wormwood“ zusammengearbeitet hatte. Wer kein Fan von etwas statischen und kühl wirkenden Computer-Grafiken ist, wird sich mit den Zeichnungen von Burrows zwar etwas schwer tun, aber dafür besitzt „Neonomicon“ ansonsten genügend Atmosphäre.
Darin kombinierte man die Geschichten „The Courtyard“, die ursprünglich 2003 veröffentlicht wurde, und die Fortsetzung „Neonomicon“, die erst 2010 entstand – offenbar, weil Moore zu dieser Zeit ein paar Steuerbescheide ins Haus geflattert waren und er Geld brauchte.
Wenn das Finanzamt immer als Katalysator solcher Geschichten dienen würde, könnte man den Laden fast sympathisch finden. Jedenfalls gelingt Moore und Burrows in „Neonomicon“ und „The Courtyard“ das, was nur den wenigsten Lovecraft-Jüngern im Bereich Film und Literatur gelang, nämlich den unterschwellig sexuell aufgeladenen Horror des Schriftstellers explizit herauszuarbeiten.
Früher hätte man diese herrliche Mischung aus Monstersex und blasphemischen Ritualen Cliver Barker zugeordnet, aber selbst der hat dabei nur selten die Intensität und drastische Direktheit dieses exzellenten, surrealen Comics erreichen können.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #99 Dezember 2011/Januar 2012 und Thomas Kerpen