LITURGY

Aesthethica

„Der Black Metal [hat es] als wohl einziges Subgenre des Metals geschafft [...] wohlwollende Aufmerksamkeit auch bei Außenstehenden zu erlangen. [...] Der jüngste Entwicklungsschritt dürfte die Übernahme von Black-Metal-Charakteriska bei gleichzeitiger Ignorierung textlicher oder imagetragender Klischees durch eigentlich Genrefremde sein“, schrieb ich Ende 2009 zum Debütalbum „Renihilation“ der New Yorker LITURGY, das zumindest noch bei einem Szenelabel, dem (Avantgarde-)Metal-Label 20 Buck Spin, erschien, ideologisch und ästhetisch aber kaum weniger Metal sein konnte.

Das zweite Album erscheint nun bei Thrill Jockey, einem Label, das ja bisher in Sachen Metal nicht auffällig war, dem avantgardistischen Anspruch LITURGYs aber voll gerecht wird. Dem Metal-Puristen wird das noch ein Grund mehr sein, das Quartett aus Brooklyn abzulehnen, das zu allem Übel auch noch nach Collegecampus und nicht nach Kälte, Dunkelheit, Norwegen aussieht und eben in der Vermeidung jeglicher Klischees noch viel weiter geht als die vergleichbaren WOLVES IN THE THRONE ROOM, trotz einer musikalischen Radikalität, die im „truen“ Black Metal momentan nur selten angestrebt wird.

Es war aber wohl nicht die Labelwahl, sondern der Wunsch, musikalisch nicht zu stagnieren, der „Aesthethica“ etwas weniger harsch als das Debüt hat ausfallen lassen. War „Renihilation“ noch ein beinahe völlig breakfreies, monotones, klirrendes und extrem schnelles Geprügel, besitzt „Aesthethica“ mehr Abwechslung und Musikalität, die ergreifende Wirkung und der hypnotische Sog, den LITURGY auslösen, ist aber geblieben – die wahnsinnige Geschwindigkeit vor allem des stark im Vordergrund stehenden Schlagzeugs sowieso.

„Aesthethica“ mag dabei zwar nicht ganz die niederreißende Intensität von „Renihilation“ entwickeln, ungeübten Ohren dürfte es dennoch wie purer, konzeptloser Krach vorkommen.