Na toll: Im Infosheet zur neuen Platte brüsten sich die Schweden, sich im Frühjahr dem angebotenen Auftritt beim Hultsfred-Festival verweigert zu haben, von wegen Medienhype und blablabla. Äh, und wieso spielen die Herren und Damen Musikrevolutionäre dann beim Intro-Festival im Rahmen der Pop.Komm, wo neben BLUMFELD nur belanglose Kackmusik zu hören war und das ganze ja auf gar keinen Fall und überhaupt nicht irgendwie was mit Medienhype zu tun hatte, präsentiert und veranstaltet von einem Magazin, dessen Seiten zu einem guten Teil aus gekauften Werbeartikelchen und Modeschau bestehen? Halllloooo??? Schon mal das Wort Inkonsequenz gehört? Oder bei der letzten Tour im Gebäude 9 in Köln: ein fetter "Capitalism is organized crime"-Banner hinter der Bühne, vor der Bühne zu einem immer größer werdenden Teil das Publikum, das man verdient, wenn man in den Mainstream-Musikmedien präsent ist und das womöglich mit leichtem Schaudern den ach so revolutionären Spruch wahrnimmt, aber am nächsten Tag schon wieder loszieht, die aktuell hippen Baggiepants für 239 Tacken zu shoppen - und womöglich auch noch FDP wählt...
Nein, ich will T(I)NC nicht für die Grundübel der Welt verantwortlich machen, aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier in eklatanter Weise auseinander, und in einer Welt, in der Viva mit dem Dreckskonzern Springer kooperiert gibt es sicher andere und wirkliche Probleme, doch dieses Revolutionskokettieren geht mir zunehmend auf den Geist.
Dann echt lieber die TOTEN HOSEN, die nicht nur Fortuna Düsseldorf, sondern auch Pro Asyl mit einer nicht unerheblichen Geldsumme unterstützen und damit garantiert mehr reissen als die Schweden mit ihre klugen Sprüchen.
Was nun die Musik anbelangt: ja, klar, die Platte kann was, das Ding shaket und groovet und kickt, und gerade der zweite Song, "Up for sale", ist schon nach dem zweiten Hören ein Ohrwurm.
In gewisser Weise stimmt hier sogar alles, die Texte sind schlau, die Anmerkungen dazu hilfreich, der Essay im Booklet zum Topthema Globalisierung ist treffend, die Linksammlung interessant - und T(I)NC auch nette Leute und alles.
Also wo ist das Problem? Das Problem sind die Widerssprüche, denen sich jeder aussetzt, der sich mit seiner Arbeit in die Öffentlichkeit wagt, der im Gegensatz zu anderen einen Anspruch hat und deshalb auch daran gemessen wird und daran scheitern kann - während andere (Bands) nur Geld verdienen wollen, das auch sagen und damit logischerweise durchkommen.
Was tun? Weiterkämpfen, hoffen, dass Bands wie T(I)NC nicht den Weg in die Beliebigkeit antreten, den CHUMBAWAMBA gegangen sind. Ab 15. Oktober im Scheiss-CD-Supermarkt zu haben - oder bei coolen kleinen Mailorders und in unterstützenswerten Plattenläden.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #39 Juni/Juli/August 2000 und Melanie Schmidt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #45 Dezember 2001/Januar/Februar 2002 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #56 September/Oktober/November 2004 und Lauri Wessel
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #81 Dezember 2008/Januar 2009 und Lauri Wessel
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #44 September/Oktober/November 2001 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #55 Juni/Juli/August 2004 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #51 Juni/Juli/August 2003 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #38 März/April/Mai 2000 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #81 Dezember 2008/Januar 2009 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #48 September/Oktober/November 2002 und Thomas Hähnel
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #50 März/April/Mai 2003 und Joachim Hiller