Ende Mai ist mit „No Matter What You Say“ das sechste Album des schwedischen Trios ZOOPARTY erschienen. Wieder bietet die Band eine mitreißende Mixtur aus poppigem 1977er-Punk und Streetrock’n’Roll. Und erneut ist es ihr gelungen, für das Album prominente Unterstützung zu rekrutieren. Special Guests sind diesmal Glen Matlock von den SEX PISTOLS, Hans Östlund von THE NOMADS, Stephen Straughan von den UK SUBS und Gaz Moore von THE REVERENDS. Natürlich wollen wir wissen, ob die Band angesichts ihrer Klasse dieses Namedropping überhaupt nötig hat. Unsere Fragen beantwortet Erik Pettersson, Sänger, Gitarrist und kreativer Kopf von ZOOPARTY.
Wenn man sich eure Bandgeschichte anschaut, fällt auf, dass sich eure Wege oft mit zahlreichen Punkrock-Promis kreuzen. Wie schafft ihr das? Habt ihr so gute Kontakte in der Szene, seid ihr begabte Netzwerker oder habt ihr ganz einfach das entsprechende Budget, um große Namen einzukaufen?
Nein, es ist keine Budgetfrage. Es geht schlicht darum, freundlich zu sein und Menschen zu respektieren. Ich gehe auf Leute zu, treffe Leute in der Szene und behandle sie gleichwertig auf Augenhöhe und mit Respekt. Und dann geht es noch darum, ihnen die entscheidende Frage zu stellen, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. Wenn du sie nicht fragst, hast du ein sicheres Nein. Aber wenn du die Frage stellst, bekommst du vielleicht ein Ja. Ich würde nicht sagen, dass ich ein ausgezeichneter Netzwerker bin, aber ich denke schon, dass ich eine gewisse soziale Kompetenz besitze.
Glaubst du, dass ihr ohne dieses „Namedropping“ genauso erfolgreich und bekannt wärt?
Auf alle Fälle. Ich würde uns zwar nicht als besonders erfolgreich bezeichnen, aber wir stünden auch ohne die Gäste und ihren Beitrag genau dort, wo wir heute stehen. Wir sind gut, so wie wir sind – auch ohne prominente Unterstützung.
Was denkst du, wenn jemand sagt: ZOOPARTY sind eine tolle Band, die haben das alles doch gar nicht nötig, um Beachtung zu finden?
Ich denke, dass derjenige absolut recht hat. Aus deiner Fragestellung höre ich so ein wenig die Einschätzung raus, dass wir das alles mit einer gewissen Berechnung machen. Ich stimme dir in diesem Punkt aber nicht zu. Von unserer Seite ist es vor allem ein Interesse an den Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten. Und die Tatsache, was wir tun, mit wem wir zusammenarbeiten und wie wir das dann kommunizieren, ist vergleichbar mit der Situation, wenn Leute Bands mit anderen Bands vergleichen.
Habt ihr auch schon mal Absagen oder negative Rückmeldungen von Leuten erhalten, mit denen ihr zusammenarbeiten wolltet?
Natürlich, so etwas bleibt nicht aus. Wenn man die Frage nach einer Kooperation stellt, läuft man immer auch Gefahr, eine Absage zu erhalten. Und meistens bekommt man sogar ein Nein. Ich würde das aber nicht unbedingt „negative Rückmeldungen“ nennen. Wenn wir Absagen erhalten, dann geht es nicht in die Richtung „Warum fragst du?“ oder „So etwas würde ich nie tun“, sondern eher „Ich hätte große Lust, aber ich habe aktuell leider keine Zeit“.
Einer der großen Namen, mit denen ihr schon länger zusammenarbeitet, ist Glen Matlock, weltweit als prägendes Mitglied der SEX PISTOLS bekannt. Ein Großteil der besten Pistols-Songs wurde von Glen geschrieben. Wie ist der Kontakt mit ihm zustande gekommen?
Ich bin Journalist und vor langer Zeit arbeitete ich als UK-Korrespondent für eine schwedischen Tageszeitung und war dafür in London ansässig. Ich traf Glen im Jahr 2000 zu einem Interview anlässlich seines Soloalbums „Open Mind“ und wir stellten fest, dass wir im gleichen Stadtteil lebten. Wir blieben in Kontakt, und der Rest ist Geschichte.
Gibt es so etwas wie eine Freundschaft mit Glen?
Ja, das würde ich schon sagen. Ich bin stolz darauf, ihn meinen Freund zu nennen.
Hatte Glen Einfluss auf eure Songs? Auf dem neuen Album gibt es das Stück „Elephants“, das klingt, als könnte es ein Original der SEX PISTOLS sein ...
Vielen Dank, ich nehme das jetzt mal als Kompliment. Glen ist allerdings nicht in den Schreibprozess involviert, aber er spielt bei zwei der Songs mit. Allerdings nicht bei dem von dir angesprochenen „Elephants“, sondern bei „Sick of it all“ und „No matter what you say“. Früher hat er uns auch produziert, da hatte er schon auf diese Weise einen gewissen Einfluss, aber wie gesagt, nicht auf den Schreibprozess. Aber natürlich macht er, was immer er will, wenn er seine Parts für uns aufnimmt, also sind die Basslines ganz allein sein Werk.
Erhaltet ihr von euren zahlreichen Partnern auch Unterstützung bei Live-Shows?
Meinst du, ob sie mit uns auch mal die Bühne teilen? Das ist in Einzelfällen gegeben und das sind immer herausragende Erfahrungen. Glen Matlock hat einmal live mit uns in Stockholm gespielt und vor etwa einer Woche hatten wir eine Show in Sundbyberg in der Nähe von Stockholm und Hans Östlund von den NOMADS stand mit uns auf der Bühne für den Song „Sick of it all“, bei dem er auch auf dem Album mitgewirkt hat.
Gab es mit all euren prominenten Helfern auch schon mal lustige Erlebnisse?
Eine Sache gibt es, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist. Einmal fuhr ich nach Brighton, um etwas mit Brian James von THE DAMNED zu machen. Wir hatten darüber gesprochen, eine Version seines Songs „Ain’t that a shame“ aufzunehmen, und als ich bereits im Bus zum Flughafen hier in Schweden saß, rief mich Brian an und fragte, in welcher Sprache ich denn singen wollte. Für mich war das eigentlich keine Frage, denn ich ging davon aus, dass wir in Englisch wie in der Originalversion singen. Er schlug vor, dass wir zusätzlich noch eine Version auf Schwedisch machen könnten. Also schrieb ich noch im Bus auf die Schnelle eine schwedische Version, die wir dann tatsächlich auch eingesungen haben. Sie wurde bisher aber noch nicht veröffentlicht, mal sehen, wann wir das mal umsetzen. Die englische Version findet man auf jeden Fall auf unserem Album „UpOn9“.
Einige eurer Unterstützer sind bereits älter als 65 Jahre. Wie lange ist es möglich, ein Punkrocker zu sein, ohne dass es peinlich wird? Was ist mit der alten Maxime „Too old to Rock’n’Roll, too young to die“?
Ich denke nicht, dass Alter etwas Peinliches ist! Warum auch? Es ist, als würde man sagen, dass es peinlich ist, groß, klein, ein Mann oder eine Frau zu sein, im Rollstuhl zu sitzen, blind zu sein, aus einem bestimmten Land zu kommen, bestimmte Kleidung zu tragen oder eine bestimmte Meinung zu haben. In Schweden ist Altersdiskriminierung tatsächlich ein Thema. Das gefällt mir überhaupt nicht. Wie ich in unserem Lied „Lardass“ singe: „Sei niemals ein Tyrann, respektiere die Menschen für das, was sie sind!“
Stimmt die Vermutung, dass ihr in Großbritannien und den USA erfolgreicher seid als in eurem Heimatland Schweden?
Nein, ich denke nicht. Ich glaube, dass wir in Schweden ähnlich wahrgenommen werden. Es stimmt aber schon, dass wir im Laufe der Jahre viel in Großbritannien gespielt haben, aber seit der Pandemie und dem Brexit waren wir nicht wieder da. Noch nicht. Wir haben nur eine Woche vor dem Lockdown im März 2020 im Pipeline in Brighton und im 100 Club in London gespielt. Aber wir kommen gerne wieder, denn wir lieben es, in Großbritannien zu spielen.
Eure Mischung aus 1977er- und Pop-Punk sowie Streetrock’n’Roll klingt wie der ideale Sound für ältere Punkrocker. Oder habt ihr auch jüngere Fans?
Vielen Dank für die Einordnung. Ich sehe es gerne als die perfekte Mixtur dieser Genres. Kommen wir auf das Thema Alter zurück, ich behandle die Menschen nicht anders, egal, ob sie jung, klein, Mann, Frau, groß oder alt sind. Ich respektiere sie alle. Und ja, bei unseren Shows sind glücklicherweise alte Altersgruppen vertreten.
Stimmst du zu, dass ein guter Punkrock-Song nicht länger als drei Minuten dauern muss? Die meisten eurer Nummern sind kürzer als 2:30 Minuten.
Natürlich stimme ich dem zu. Wie Motown-Gründer Berry Gord einmal sehr treffend sagte: „Don’t bore us, get to the chorus!“ Niemand muss längere Songs machen, nur damit sie länger sind. Schreibt, was ihr schreiben wollt! Sagt, was ihr zu sagen habt! Spielt das Lied! Und Ende!
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