Wir sind zurück. 21 Shows in fünf Tranchen gespielt und 13.189 km gedonnert. Die Sticks sind verholzt, die Saiten gerupft, die Stimme verhunzt, die Biere geleert, das Hotel auf den Kopf gestellt; die deutsche Autobahn haben wir blind im Griff, den Bus hundertmal repariert, Brüder gefunden, die Grippe überlebt, die Aah Aah Aah’s herausgestöhnt und intensive Bilder im Kopf und Emotionen im Bauch.
13.10. D-Köln, Sonic Ballroom
14.10. NL-Rotterdam, Waterfront, mit ADAM WEST
15.10. D-Hamburg, Logo, mit ADAM WEST
16.10. D-Bielefeld, Eingang 7, kurzfristig fucking gecancelt
Mittwoch, 13.10., 12.30 Uhr. Der Bus ist geladen und unserem neuen Gebrauchtwagenbaby steht die richtig große Feuertaufe bevor. Markus kommt verspätet vom Job, Hede will noch irgendwo in der Basler Pampa Becken holen, die nicht mal angekommen sind. Stinkig und genervt rollen wir mit einer Stunde Verspätung los. Und dann gibt uns unser super Mädchen für alles (Stephan fucking Pauly: Manager und Soundmann) die Hiobsbotschaft durch, dass Bielefeld kurzfristig gecancelt worden sei. Der Promoter und unsere Touragentur hätten sich zerstritten. Große Kacke, wir telefonieren ebenfalls herum, doch die Sache ist gelaufen und auch andere Anstrengungen, für Samstag noch kurzfristig eine Show zu kriegen, werden nicht belohnt. Im legendären Ballroom zu Köln, erfreuen wir uns der neuen, schmucken Bühne. Ein guter Start, mit gut dreißig begeisterten Rockern schwitzen wir uns durch den Abend. Marco kompensiert den Schweiß mit Bier, und wird damit seinem Vorhaben – nicht zu viel zu saufen – bereits ein erstes Mal untreu.
Hede sagt (wie immer auf Tour) am Morgen die Abfahrtszeit an: um 13 Uhr auf der Straße. Wir gehorchen ohne zu murren, denn wir wollen möglichst schnell nach Rotterdam, dem Venedig für Rock’n’Roller mit den fetten Tankerkanälen. Wir posen vor dem Club gleich mal für die Kamera und warten voller Freude auf die Freunde von ADAM WEST. Man umarmt sich, lächelt, hat viel zu quatschen, bespricht das gemeinsame Line-Up für die Tour. Man hat sich schließlich gut ein Jahr nicht mehr gesehen. Wir haben im Herbst 2003 auf ihrer letzten Tour zwei Shows mit den Jungs gespielt. Das war so chefmässig, dass wir beschlossen, in diesem Jahr möglichst viele Konzerte zusammen zu rocken. Wir Männer haben Wort gehalten und werden am Ende der Tour nicht nur Freunde, sondern Brüder sein. In Holland streiken an diesem Abend leider die öffentlichen Verkehrsmittel und so schaffen es nur 50 Leute in diesen großen 500er-Club. Trotzdem, ein guter Start und erste Anzeichen, wie das Package am Ende der Tour krachen wird. Wir pennen bei unserer Europa-Promotorin, Romy Ruaras von Evilbitch 666.
Wir kommen am nächsten Tag kaum aus den Federn und gehen mit Verspätung auf die Straße, zumal Markus noch sein Necessaire mit seinen fünfzig Mitteln vergisst und auf Umkehr besteht. An der Grenze werden wir von der Autobahnpolizei gefilzt (ADAM WEST übrigens auch: so ein Bandbus sieht halt schon arg gefährlich aus) und vor Hamburg gelangen wir in einen endlosen Stau mit Regen. Stephan ist gestresst, weil er nicht mehr rechtzeitig zum Soundcheck von ADAM WEST kommt (er mischt auch die Ami-Brothers), Marco hat erste Fleisch- und Bier-Entzugserscheinungen, Markus muss wie immer pissen und Hede sieht sowieso nur noch Arschlöcher auf der Strasse. Eine Stunde vor Showbeginn erreichen wir endlich das Logo, ADAM WEST nur wenige Minuten vor uns. Wir stellen uns zusammen hinter dem Vorhang auf, machen einen kurzen Line-Check und genießen mit den Leuten eine klasse Rockparty. Nach ein paar Stunden abhängen auf der Reeperbahn beenden wir den Abend mit scharfem Kebab mit viel Zwiebeln. Jake hat seine Stimme vollends verloren – „like always on tour, it will be back in two, three days“.
29.10. CH-Schaffhausen, TapTab, mit ADAM WEST
30.10. CH-Aarau, KiFF, mit ADAM WEST
31.10. CH-Bern, Wasserwerk, mit ADAM WEST
01.11. CH-Basel, Hirscheneck, mit ADAM WEST
Es ist immer ganz speziell, zu Hause zu spielen und in der Schweiz sind wir inzwischen fast überall dort zu Hause, wo der Riff-Rock zelebriert sind. Unsere Amibrüder kommen mit großer Verspätung und ziemlich fetten Ringen unter den Augen nach Schaffhausen. Sie freuen sich auf die Eidgenossenschaft: endlich mal kurze Distanzen zwischen den Shows und Schlaf nachholen. Von wegen, die Jungs sind von den Schweizer Frauen hin und weg. Es ist amüsant, wie sie sich Abend für Abend bei der After-Party abmühen, um schließlich irgendwann irgendwo zu landen.
Kurz und knapp: Die Leute in Schaffhausen (die schönste Stadt der Ostschweiz), in Aarau (die Heimatstadt von Hede und Markus), in Bern (Hauptstadt von CH) erleben mit dem Package ADAM WEST/ZAMARRO ein intensives Rock’n’Roll-Gewitter. Die letzte Show in Basel (hier leben und proben und saufen wir) wird zum großen Heimspiel: das legendäre Hirscheneck ist an jenem Montag rammelvoll. Sogar die Freunde von den MASONS aus L. A., welche ebenfalls durch Europa kurven, kommen an jenem Abend zu unserer Show, weil sie einen Off-Day haben. In den vordersten Reihen tanzen und singen die Boys und Girls in ZAMARRO-Shirts und -Pullovern. Cool, das tut gut und macht Spaß.
05.11. D-Stuttgart, Universum mit ADAM WEST
06.11. D-München, Backstage, mit ADAM WEST
07.11. A-Wien, Arena, mit ADAM WEST
08.11. A-Linz, KAPU, mit ADAM WEST
Wir treffen uns am Freitag direkt im Universum zu Stuttgart. Auch in der Mercedes-Stadt halten die Rocker voller Inbrunst den Zeige- und den kleinen Finger als Symbol aller Symbole nach oben. Eine solide Show mit unterschiedlichen Aftershows: Während Markus direkt nach dem Gig ins Domizil bei Micha Schmitt gefahren wird, um seine Grippe in den Griff zu kriegen, Hede ebenfalls früh zu Bett geht, machen sich Marco und Pauly mit den ADAM-WEST-Jungs und Micha auf, das Stuttgarter Nachtleben zu erforschen. ADAM WEST-Bassist Steve verschwindet schließlich auf einer Biker-Party und ist am nächsten Morgen nicht zu finden. Großes Rätselraten, doch der gestandene Harley-Freak schafft es am nächsten Tag auf eigene Faust nach München und spielt eine gewaltige Rockshow im absoluten Delirium.
München wird zum großen Abräumer: ein Rockabend wie aus dem Bilderbuch mit totalem Posing von beiden Bands und einem erstklassigen Publikum. ADAM WEST-Gitarrist Dan-O haut sich im Rausch die Gitarrenkante in die Stirn und läuft ab sofort mit einer Riesenschramme durch die Gegend. Die Leuten machen uns schließlich mit den Merchandise-Umsätzen glücklich. Cool, wir kommen gerne wieder. Am nächsten Morgen erwachen wir in Solidarität zu Dan-O alle mit einem (Alk-)Brummschädel und machen uns auf in die ehrwürdige Arena zu Wien. Leider kommen wenig Leute an diesem kalten Sonntag, aber wir werden nach allen Regeln der Gastfreundschaftskunst verwöhnt. Und auch mit wenigen Besuchern kann man schließlich Vollgas geben. Nach gemütlichen Gesprächen bis tief in die Nacht, stellen wir mit den Jungs am Tag darauf die Hundert-Prozent-Touristen mit Stephans-Dom-Besichtigung, Shopping-Tour und großem Schnitzelessen.
10.11. CH-Winterthur, Gaswerk, mit ADAM WEST
11.11. A-Dornbirn, Schlachthaus, mit ADAM WEST
12.11. D-Chemnitz, AJZ, mit ADAM WEST
13.11. D-Osnabrück, Ostbunker, mit ADAM WEST
Wir haben ADAM WEST in Winterthur ein Jahr zuvor kennen gelernt. Grund genug, um den Club zum Bersten zu bringen. Unser Hede ist so voller Tatendrang, dass gleich beim ersten Schlag das Pedal im Schlagzeugfell stecken bleibt. Kurze Unterbrechung, ein paar Sprüche von der Bühne und Reparaturarbeiten mit dem Gaffa-Klebeband und wir rocken uns kompromisslos durch das Set. ADAM WEST legen an diesem Abend eine unglaubliche Show hin, da klebte nach anderthalb Stunden auch der größte Koloss an der Wand. Am nächsten Tag stand dann auch in der Live-Kritik des Regionalblatts: „Mehr Dreck kann ein Rockkonzert nicht bieten: Laut und hart sind die Auftritte von ZAMARRO und ADAM WEST gewesen.“
In Dornbirn wird der Energiepegel gleichermaßen hochgehalten. Markus lässt sich auf der Bühne von Jake vernaschen, Hede gibt sich grastechnisch die volle Dröhnung und Marco bangt sich im Edeltussi-Posing die Birne weg. Jeder Moment soll nochmals intensiv genossen werden, denn der Countdown des Abschieds hat begonnen. Dieses Mal auch im Hotel und so werden nach einer Wodka-Bier-Wein-Schwemme im Hotel alle Pflanzen und Bilder zusammengesucht und das Zimmer von Driver-Steve in einen Urwald verwandelt. Marco verabschiedet sich dieses Mal als Erster und verursacht im Gang kurz darauf einen Riesenknall. Oh Shit, da ist einer straight durch die große, teure Glastür marschiert. Zum Glück hat er sich nicht verletzt, aber am nächsten Morgen werden wir aufgrund der Verunstaltungen von der Gendarmerie geweckt. Die Amis verstecken sich unter der Bettdecke und wir versuchen zu schlichten. Die Bullen verhalten sich supercool und sind schlussendlich gar auf unserer Seite, indem sie die Hotelinhaber bitten, sich zu beruhigen. „Das kommt halt mal vor, wenn man jung ist und zu viel trinkt.“ Wir bedanken uns amüsiert und die Amis staunen über die Liberalität in Europa.
Mit Verspätung kommen wir irgendwann nach Chemnitz und lachen uns immer noch kaputt über den Vorabend. Trotz weniger Leute bleibt der Spaßpegel auf hohem Niveau. Am Tag darauf müssen wir die Bremsklötze auswechseln lassen, was bei ADAM WEST kurz zuvor in Winterthur ebenfalls von Nöten war. Wir gehen früh raus, weil wir unseren Labelchef von Supermodern auf einem Autobahnrasthof treffen und unsere nahe Zukunft planen. Im Herbst 2005 wollen wir wieder mit Jack Endino ins Studio, um dann im Februar 2006 das zweite Album zu veröffentlichen. Als wir wieder auf die Straße gehen, holt uns kurze Zeit später auf der Höhe Braunschweig der ADAM WEST-Van ein und wir kurven im Doppelpack nach Osnabrück. Ein sinnbildlicher Akt für unsere großartige Zweisamkeit als Bands. Auf unsere letzte Show kommt auch Frank von No Balls Records, der eine Splitsingle von ADAM WEST und ZAMARRO für die Tour gepresst hat. Das Teil war im übrigen in Rekordzeit ausverkauft. An diesem Abend gehen die Emotionen nochmals hoch: Die Zuschauer verlangen endlos Zugaben und plündern die Restposten am Merchandise-Stand, wir unterstützen uns gegenseitig an vorderster Front, bedanken uns gegenseitig hundertmal, erklären uns offiziell die Liebe.
Der Abschied am nächsten Morgen zieht sich in die Länge. Unzählige Stunden haben wir zusammen verbracht, ultimative Highlights erlebt, uns gesund gelacht und stundenlange Gespräche geführt. Wir sind jetzt Brüder. Danke, Jungs, für alles, wir freuen uns bereits auf das nächste Jahr.
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