YODEES

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Bubblegum-Pop-Punk aus Brasilien

Es gibt immer wieder Bands, die wie aus dem Nichts kommend plötzlich im Rampenlicht stehen. Wie THE YODEES aus Curitiba im Süden Brasiliens. Das Quartett startet mit seinem frischen Bubblegum-Pop-Punk gerade richtig durch. Noch nicht einmal ein Jahr alt, kaum Konzerte gespielt, buhlten trotzdem schon zwei international renommierte Pop-Punk-Labels darum, das Debütalbum veröffentlichen zu können. Und auch die Veranstalter des „Punk Rock Raduno“, des wichtigsten europäischen Pop-Punk-Festivals, haben bereits die Fühler nach den Brasilianern ausgestreckt. Höchste Zeit, diese Erfolgsgeschichte zu beleuchten. Frontmann Neto Hog beantwortete unsere Fragen.

Für viele Pop-Punk-Fans in Europa seid ihr noch ein unbeschriebenes Blatt. Wer seid ihr?


Die YODEES sind Bruno Bera an der Leadgitarre, Fernando Yudi an Mikro und Gitarre, unser Schlagzeuger Leandro Seco und ich, Gesang und Bass. Im Februar feierten wir unseren ersten Geburtstag.

Ihr habt eine eigene Banduniform.

Genau wie die RAMONES, die MANGES oder MASKED INTRUDER lieben wir es, wenn eine Band auch visuell eine Einheit bildet. Ein einheitlicher Stil, der sofort ins Auge sticht.

Die Band ist sicherlich reines Hobby für euch, oder?

Natürlich würden wir uns wünschen, von der Band leben zu können. Aber das wäre fern jeder Realität, insbesondere als Bubblegum-Pop-Punk Band in Brasilien. So müssen wir weiter unseren herkömmlichen Jobs nachgehen, Yudi und ich im IT-Bereich, Seco in einer Molkerei und Bera als Maschinenbauer.

Ihr klingt schon sehr nach den poppigen Hits der QUEERS oder von CHIXDIGGIT!. Diese Bands habt ihr anscheinend oft gehört.

Stimmt. Die genannten Bands schätzen wir wirklich enorm und wir wollten schon immer Musik wie sie machen. Bei uns in Brasilien steht RAMONES-Pop-Punk noch hoch im Kurs, aber es gibt nicht so viele Bands, die diesen Stil selbst spielen, vor allem singen nur wenige Bands auf Englisch.

Ihr habt vor einigen Wochen euer selbstbetiteltes Debütalbum rausgebracht. Das klingt wie aus einem Guss, als hättet ihr es lange und intensiv vorbereitet.

Tatsächlich hatten wir keine große Vorbereitungszeit. Die Band haben wir Ende Februar 2019 gegründet und bereits im Juni waren wir im Studio, um das Album aufzunehmen. Natürlich haben wir viel Herzblut in die Sache gesteckt. Die Produktion hat aber auch eine gewisse Eigendynamik entwickelt, die den ganzen Prozess enorm beschleunigt hat.

Das Album wurde von Davi Pacote aufgenommen, in Deutschland bekannt als Produzent und Bassist von FLANDERS 72. Habt ihr ihn schon vor der Produktion des Albums gekannt?

Ich kenne ihn schon länger. Er hat bereits in mehreren Bands gespielt, ihr solltet unbedingt mal seine frühere Band ROTENTIX anhören, großartig. Er hat auch schon meine andere Band MAGAIVERS produziert. Seine Arbeit war ganz entscheidend dafür, dass unser Album so cool klingt. Er hat von Anfang an genau verstanden, was wir wollten.

Mit Waterslide aus Japan und Outloud! aus den USA wollten gleich zwei renommierte Pop-Punk-Labels euer Album rausbringen. Den Zuschlag haben dann die Amerikaner erhalten.

Ja, das war absolut verrückt. Unsere erste Veröffentlichung, vorher kannte uns kein Schwein und plötzlich stehen zwei fantastische Labels auf der Matte, die an uns glauben. Wir haben uns schließlich für Outloud! entschieden. Matt von Outloud! ist ein super Typ und unterstützt uns großartig. Zudem kooperiert er auch mit Waterslide, so dass das Album auch in Japan erhältlich ist.

Das Album gibt es bisher nur als CD und digital. Gibt es auch Pläne für Vinyl?

Vinyl ist schon sehr cool. Ursprünglich wollten wir nur einige Songs des Albums selbst als 7“ in Brasilien rausbringen. Aber als sich die Möglichkeit mit Outloud! abzeichnete, mussten wir nicht zweimal überlegen, den ursprünglichen Plan über den Haufen zu werfen. Wir lieben physische Tonträger, aber an digitalen Veröffentlichungen kommst du heute nicht mehr vorbei. Digitale Medien sind wichtig, um weltweit bekannter zu werden. Gerade über Bandcamp kannst du viele Fans erreichen, die an neuen Bands interessiert sind.

Seid ihr zufrieden mit dem bisherigen Feedback auf euer Album?

Ob wir zufrieden sind? Was für eine Frage, verdammt? Die Reaktionen sind besser als alles, was wir in unseren kühnsten Träumen erwartet haben. Vor einem Jahr existierte die Band noch nicht einmal. Jetzt ist bereits unser Debüt in den USA erschienen. Ich habe gehofft, dass ich mal ein paar Exemplare von unserem Album an meine Eltern verkaufen kann, und jetzt werden wir schon von einem Fanzine in Deutschland interviewt. Wir erhalten weltweites Feedback, sogar von Leuten und Bands, von denen wir selbst Fans sind. Absolut verrückt.

Wie sieht es mit euren Live-Aktivitäten aus?

Bis jetzt bringen wir es gerade mal auf nur neun Konzerte und die meisten davon waren noch in unserer Heimatstadt. Der Fokus lag bisher auf der Veröffentlichung unseres Debüts, das hat viele Kapazitäten gebunden. Das wollen wir jetzt ändern, mit der CD im Gepäck wollen wir vermehrt touren. Eine Tour nach Japan oder Deutschland wäre natürlich der absolute Hammer. Ein großer Traum wäre es auch, beim Raduno-Festival zu spielen. Hoffentlich lässt sich das trotz der großen Entfernung von Brasilien nach Italien realisieren.

Eure Landsleute FLANDERS 72 haben sich kürzlich darüber beschwert, dass es immer schwieriger wird, Konzerte zu spielen, weil die Veranstalter nur noch Bands buchen wollen, die Songs covern, beispielsweise von den RAMONES oder GREEN DAY.

Das kann ich absolut bestätigen. Das ist eine unerfreuliche Entwicklung, die Musikszene in Brasilien wird von Coverbands dominiert. Zum Glück gibt es aber trotzdem noch Clubs und Veranstalter, die auch eigenständige Bands mit eigenem Repertoire buchen.

War es vor zwanzig Jahren oder ist es heute einfacher, als junge Band bekannt zu werden? Und welchen Beitrag leisten Social Media?

Es hat Vor- und Nachteile. Vor zwanzig Jahren hatten Musikfans noch ein größeres Interesse an Bands und gingen noch häufiger zu Konzerten. Mit der ständigen Verfügbarkeit von Musik heute hört man sich von vielen Bands einfach nur einzelne Songs an, ohne in die Tiefe zu gehen. Die Aufmerksamkeitsspanne von Musikkonsumenten ist heute viel kürzer als früher. Social Media ist heute aber unverzichtbar, die Möglichkeit zur Interaktion über große Entfernungen ist eigentlich unbezahlbar. Es reicht heute leider nicht mehr aus, eine gute Band zu sein. Wir kennen Bands, die großartig sind, die aber aufgrund einer unzureichenden Promotion nicht den Erfolg haben, der ihnen eigentlich zustehen würde.

Euer zuckersüßer Bubblegum-Pop-Punk handelt vorrangig davon, Girls zu treffen und Spaß zu haben. Ist es in Zeiten von Bolsonaro und Trump eigentlich noch zeitgemäß, ausschließlich unpolitische Songs zu schreiben?

Wenn wir unpolitische Songs spielen, bedeutet das nicht automatisch, dass wir uns nichts aus Politik machen. Brasilien ist aktuell in einer schwierigen Phase. Obwohl, eigentlich ist Brasilien schon, so lange ich denken kann, in einer schwierigen Phase. Seit der letzten Wahl ist das Volk total zerstritten und das hält bis heute an. Es gibt aktuell großartige Bands weltweit wie in Brasilien, die wichtige politische Botschaften verbreiten und Missstände anprangern. Und das ist auch gut so. Wir schreiben aber Songs, so wie wir sie selbst gerne hören. Wenn wir jetzt auch in Richtung politischer Botschaften in unseren Songs gehen würden, würde sich das für uns nicht authentisch anfühlen. Wir liefern den Soundtrack dazu, auch mal zu relaxen und Spaß zu haben.

Kritiker könnten euch da auch eine Form von Eskapismus vorwerfen.

Wäre es nicht furchtbar langweilig, wenn plötzlich alle Bands über das Gleiche singen würden oder alle Bands nur noch eine Aussage hätten? Und überhaupt habe ich noch nicht einen Kritiker gehört, der MASKED INTRUDER oder BEATNIK TERMITES wegen fehlender politischer Botschaften angefeindet hat. Deshalb würde uns diese Kritik auch nicht jucken.

Was steht bei euch als Nächstes an?

Wir schreiben bereits Songs für unser nächstes Album und planen einige Konzerte, wir wollen vor allem mal aus Brasilien rauskommen. Aber wir wollen zunächst auch den Moment genießen, der uns echt glücklich macht, und wir hoffen, dass wir diesen Spaß noch mit vielen weiteren Bubblegum-Ramonescore-Fans weltweit teilen können.