Somewhere in my dark world

Frank Zappa als Gastmusiker, rare Aufnahmen aus den besten Zeiten des Krautrock, brasilianische und peruanische Psychedelic-Bands und spektakuläre Entdeckungen und Veröffentlichungen aus den 60er- und 70er Jahren – das ist das 1999 gegründete Label World In Sound von Wolfgang Reuther. Mit dem Sublabel Trip In Time erfindet er zusätzlich noch das Psychedelic-Genre Monat für Monat neu. Aktuelle Bands, die Psychedelic in ihrem Repertoire nicht verleugnen können und eine Neudefinition des Genres für das 21. Jahrhundert versuchen, bereichern zusätzlich sein Label. Mit den GUNSLINGERS ist eine laute, trashige Psychedelic Band dabei, die mit ihrem neuen Album „Manifesto Zerø“ die Grenzen zum Trashnoise und Heavy Psychedelic einreißt. Und mit OBSCURIA hat er eine Band von internationalem Format am Start, die mit ihrer Musik weit in die Tiefen psychedelischer Grenzerfahrungen vorstößt ...

Nicht genug kann man das Engagement kleiner Labels hervorheben, die sich über Jahre auf einem Medienmarkt behaupten, auf dem selbst Majorlabels in Schwierigkeiten geraten. Dabei kann ein kleines Label der Finanzkraft eines Majors nur Engagement und Kompetenz entgegensetzen. Von beidem hat Wolfgang Reuther mehr als genug – diesen Schluss lässt zumindest sein umfangreicher Backkatalog zu. Die Liste der verfügbaren Veröffentlichungen umfasst weit über fünfzig Titel, vor allem aus den 70er Jahren. Dabei begegnet man so spektakulären Alben wie etwa dem Soundtrack des Biker-Films „Naked Angels“ (in Deutschland unter dem Titel „Nackt auf hartem Sattel“ erschienen), für den Jeff Simmons verantwortlich zeichnete. Simmons wiederum kennt man aus dem Umfeld von Frank Zappa, der sicherlich zu den einflussreichsten Musikern Ende der 60er Jahre zu zählen ist und auf Simmons Soloalbum „Lucille Has Messed My Mind Up“ (US 1969) mit eigenen Beiträgen vertreten ist.

Der Zeitgeist des Jahres 1967, dem so genannten „Summer of Love“, in dem der Protest gegen den Vietnam-Krieg, gegen stagnierenden Konservatismus und einen übertriebenen Materialismus eine Generation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen verband, liefert den musik- und kulturgeschichtlichen Hintergrund des Labels und macht das Lebensgefühl deutlich, dem die bei World In Sound veröffentlichte Musik entspringt. Neben den bekannten Musikern gab es – vor allem auch in den USA – viele talentierte Bands, die inspiriert vom Sound und den Ideen ihrer Idole wie Jimi Hendrix, THE DOORS und LED ZEPPELIN ihre Leidenschaft energiegeladen ausdrückten. Diesen oft aus dem öffentlichen, und sogar aus dem Gedächtnis und der Reichweite der Plattensammler verschwundenen Bands gilt Reuthers Aufmerksamkeit. Hier findet man Musikalität, Innovation und klangliche Vielfalt. Reuther konzentriert sich auf die Suche nach diesen vergessenen Bands, sucht Originalaufnahmen, die bisher unveröffentlicht oder nur Sammlern rarer Tonträger bekannt waren und veröffentlicht in enger Zusammenarbeit mit den Musikern diese nach aufwändiger Bearbeitung wieder auf Vinyl – und manchmal auch auf CD. Unter den bisher gehobenen Schätzen findet man Alben wie „Dark Shadows“ von COLD SUN, mehrere Alben von DRAGONWYCK, LAGHONIA, GOLD und zwei Alben von MYSTIC SIVA. Und wenn man auch noch empfänglich ist für opulente Ausstattung, Pressungen auf schwerem Vinyl und Klappcover auf schwerer Pappe, mit Prägungen und hochwertiger künstlerischer Gestaltung, wird man diesbezüglich nicht enttäuscht werden – vor allem weil manche der Veröffentlichungen auch noch zusätzliches Material auf 10“ oder 7“ enthalten. Die Label-Philosophie hat sich in Bezug auf die Musik seit 1999 nicht geändert. Wichtig bei der veröffentlichten Musik sind Authentizität, emotionale und musikalische Intensität.

Die kongeniale Ergänzung zum Programm von World In Sound bietet das Sublabel Trip In Time. Dort ist die Aufmerksamkeit eher auf die Gegenwart gerichtet und es dreht sich alles um Bands, die den Sound der Sechziger und Siebziger authentisch verkörpern und weiterentwickeln können. Das Labelmotto ist ebenso folgerichtig wie treffend: „... music in the spirit of when music still was music“. Zu den viel versprechenden „Newcomern“ zählen die GUNSLINGERS, die FLYING EYES und OBSCURIA. Alle Formationen weisen in höchstem Grade kreatives Potenzial auf – wenn man sich die letzten Alben anhört. Bei den GUNSLINGERS ist es konzentrierte Vitalität, gebändigter Krach, der ausbricht, zivilisiert wird, durchgeht und es erneut versucht: um den Hörer platt zu walzen. Hier trifft das Label-Credo genau ins Zentrum: Vitalität, Kreativität und bis zum Anschlag verdichtet – hart, aber catchy.

OBSCURIAs letztes Album lässt sich sehr gut mit den Worten des Schlagzeugers zusammenfassen: „The album has a steady atmosphere and I think PINK FLOYD meets SLAYER is a good way to describe it. It is like a ‚peace & love‘ hippie guy that likes to sodomize women, and is convinced that things are fucked up on this planet.“ Ein gewisser Humor ist nötig, der auch dem Hörer nahegebracht werden sollte.

Wenn man sich also auf eine außergewöhnliche Reise in das Land des Psychedelic begeben möchte, sei dem Reisewilligen der Backkatalog von Wolfgang Reuthers Label World In Sound empfohlen. Und wenn es noch fresher gewünscht wird, dann sollte man sich mit ein paar Vinylscheiben einen Trip In Time gönnen.