Sie haben das dritte Album von den Fans über Crowdfunding finanziert bekommen, einen langwierigen Streit mit einem vermeidlichen „Konkurrenten“ beendet und ganz nebenbei noch die richtige Platte zur richtigen Zeit veröffentlicht. Die Dinge stehen offenbar gut bei den Engländern WHILE SHE SLEEPS und ihrem Sänger Lawrence „Loz“ Taylor. Als Gegenentwurf zu Brexit und dem neu aufbrandenden Nationalstolz hat die Band genug positive Dinge, auf die sie aufmerksam machen kann. Allen voran wäre da die „Community“, die Gemeinschaft, die dafür gesorgt hat, dass „You Are We“ erst möglich wurde.
Lawrence, an wen richtet sich „You Are We“, der Titel eures Albums wie auch des ersten Songs?
Der Titel richtet sich an alle, die uns unterstützt haben und die diese Platte erst möglich gemacht haben. Wir sind überglücklich, mit „You Are We“ ein Album veröffentlichen zu können, für das wir zu 100%, vom Songwriting bis zum Vertrieb, selbst verantwortlich sind. Wir bilden mit unseren Fans zusammen eine Gemeinschaft. Die Songs stellen so etwas wie die Grundlage dar, auf der ein gemeinschaftliches Erlebnis möglich ist.
Zwei eurer Songs, „Empire of silence“ und „Silence speaks volumes“, handeln von Stille. Kannst du mir das etwas genauer erklären?
Im Song „Empire of silence“ geht es um eine Stille, die eigentlich gar keine ist. Es ist das, was wir erleben, wenn wir uns aus der Stadt in die Natur begeben. Nirgendwo ist es wirklich komplett still und die Geräusche, die wir um uns herum wahrnehmen können, also jene, die nicht von Menschen erzeugt werden, sind meiner Meinung nach magisch. Dieser Song ist ein Aufruf, sich der Schönheit dieser Erde gewahr zu werden und diese wieder mehr zu schätzen. Wir verhalten uns als Menschheit schon seit Jahrhunderten so, als könnten wir mit der Erde und den Lebewesen hier machen, was wir wollen. Das ist nur egoistisch und dumm. Im Song „Silence speaks volumes“ geht es um zwischenmenschliche Situationen. Man kann nicht nicht kommunizieren. Selbst Schweigen kann eine Äußerung sein.
Oli Sykes von BRING ME THE HORIZON, die nicht nur ebenfalls aus Sheffield kommen, sondern euch auch musikalisch nicht ganz unähnlich sind, übernimmt einen kleinen Gesangspart in „Silence speaks volumes“. Wie wichtig ist euch so was?
Oli und uns verbindet eine ganz besondere Geschichte. Nicht unbedingt die rühmlichste, wir haben unsere komischen Differenzen aber beilegen können und profitieren jetzt natürlich von der Zusammenarbeit. Der Song ist ein starkes Statement und er konnte ihn mit seiner Stimme noch weiter pushen. Es war schön, mit einem Quasi-Nachbarn zusammengearbeitet zu haben.
Die englische Metalcore- oder Mathcore-Szene hatte im letzten Jahr den Tod von ARCHITECTS Gitarrist Tom Searle zu verkraften. Ihr seid gut befreundet gewesen. Inwieweit setzt ihr euch auf „You Are We“ mit dieser Sache auseinander?
Es war für uns alle ein schwerer Schock, dass Tom den Kampf gegen den Krebs verloren hat. In Kombination mit der politischen Entwicklung in England, dem Brexit und einem spürbaren Rechtsruck kann man schon sagen, dass das letzte Jahr keinen besonders positiven Eindruck hinterlassen hat. Wir haben daraus gelernt, wie wichtig die Gemeinschaft ist, in der sich jeder fallen lassen, er selbst sein und sich entfalten kann. Dieser Gedanken zieht sich auch durch die Songs der Platte. Zusammen sind wir stark genug, um etwas zu verändern. Wenn jemand Hilfe braucht, werden wir ihm oder ihr gemeinschaftlich helfen. Dass die Leute unsere Crowdfunding-Aktion so stark unterstützt haben, war ein großer Ansporn für uns, ihnen das absolut Beste zurückzugeben.
Entsteht durch solch eine Aktion nicht auch ein unheimlicher Druck? Man schreibt, produziert und veröffentlicht ja nicht mal eben so ein Platte ganz im Alleingang.
Das stimmt. Der Druck ist schon recht groß. Wir haben uns jedoch auch ein konkretes Ziel gesteckt, wissen also, wo wir hinwollen. Aus der schönen Bestätigung durch die Beteiligung der Leute, haben wir unheimlich viel Motivation geschöpft. Wir konzentrieren uns nur noch auf die Belange der Band, wie die Produktion der Videos, ohne die es heutzutage viel schwerer wäre, sich in der Öffentlichkeit zu platzieren, und pausieren so lange in unseren normalen Jobs.
Glaubst du, dass einzelne Songs die Welt verändern können?
Es gibt viele starke Songs, die veröffentlicht wurden. Als Musiker, also jemand, der in der Öffentlichkeit steht, dem vielleicht sogar ein paar Leute zuhören, hast du die Chance, ganz bestimmte Dinge anzusprechen. Es ist ja so, dass die Leute, die auf unsere Konzerte kommen, sich ja schon mit dem Thema auseinandergesetzt haben und ungefähr der gleichen Meinung sind. Wir schaffen mit unserer Musik eine Plattform, aus der wir zusammen Stärke ziehen können. Dass daraus dann etwas noch Größeres entsteht, wäre natürlich wunderbar.
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