Ein herzliches Willkommen allen Freunden der besinnlichen Weihnachtszeit zum nunmehr dritten Teil meiner Ausführungen über Musik für die schönste Zeit des Jahres. Viele von euch werden dem Artikel sicherlich schon aufgeregt entgegengefiebert haben und ich selber bin auch schon ganz schön aufgeregt. Vor allem wenn ich an das dicke Überraschungsbonbon denke, das ich am Schluß dieses Artikel aus meinem Sack hüpfen lassen will. Aber nicht jetzt schon gucken! Sonst kommt der Weihnachtsmann dieses Jahr nicht, stattdessen nur der Knecht Ruprecht, und der verteilt nicht Pfeffer-, sondern Kopfnüsse! So, das sollte euch wohl disziplinieren. Wo war ich... ah ja: Bonbon. Auch diesmal möchte ich wieder einige Bonbons der weihnachtlichen Musikszene vorstellen. Grundlegende Tipps habe ich diesbezüglich ja bereits in den Artikeln der beiden vergangenen Jahre gesagt. Wem also am Aufbau einer soliden Sammlung gelegen ist, dem muss ich dringendst auch deren Lektüre empfehlen, da dortselbst gewissermaßen die tragenden Säulen, die Fundamente einer solchen Kollektion vorgestellt wurden.
Zuerst zu einer Platte, die ich selbst immer noch nicht besitze, von der ich aber weiß, dass sie einfach gut, ja grandios sein muss - ich spreche von BERT KAEMPFERTs Weihnachtsalbum. Das gesamte vergangene Jahr über habe ich das Teil vergeblich auf Flohmärkten zu finden versucht, obwohl es doch eigentlich weit verbreitet sein müsste, so ein Star wie der Bert ist. Jeder kennt ihn, den Komponisten von „Africaan Beat„ und anderer fröhlichst flötbarer Kaufhausmusiknummern, denen ich selbst das Etikett Happy Listening anheften möchte. Neben den üblichen Weihnachstklassikern ist auf der Scheibe z.B. auch ein Song mit dem Titel „Jumpin‘ Jiminy Christmas„. Das hört sich doch schon super an! Ist bestimmt so ein ganz beschwingtes Nümmerchen, bei dem man gleich Lust auf Lebkuchen kriegt. Oder auf Glühwein.
Wenn ich die Platte auch nicht besitze, ist sie dennoch leicht zu haben: Als CD-Neuveröffentlichung lag sie beispielsweise im letzten Jahr in jedem zweiten Supermarkt herum. Mein Grund, sie nicht gekauft zu haben, buchstabiert sich G-e-i-z und lag zum anderen in der Hoffnung auf eine beglückende Endorphinausschüttung begründet, die ich mir von einem flohmärktlichen Jagdglück versprach. Allein das eine wie das andere blieb aus.
Wie so oft im Leben, schlug kürzlich nun jedoch das Schicksal (oder wen oder was man auch immer für zufällige Ereignisse haftbar machen zu können meint) mit der ihm gern und häufig zugesprochenen Ironie zu: Ein guter Freund, den ihr alle kennt (Frank ist sein Name), erwarb jüngst im Rahmen seiner persönlichen Festvorbereitungen ein 13-teiliges Weihnachts-LP-Paket bei Ebay, und den Rest könnt ihr euch denken. Ich frage euch, ist es nun nicht seine verdammte Pflicht, mir umgehend die Kaempfert-Platte auszuhändigen, wo ihm selbst doch niemals so viel daran liegen kann wie mir, der ich Kaempfert- und Weihnachtsfan bin?! Sagt’s ihm, wenn ihr ihn seht.
Kommen wir zu Platten, die ich auch selbst besitze: Im letzten Jahr kam ich durch Beschenkung zu einem jener Sampler, die zur Saisonzeit allerorten angeboten werden. Neben massig Ausschuss war da auch eine absolute Supernummer drauf: BOOKER T. AND THE MG’S mit einer sagenhaft groovenden Version von „Jingle Bells„ - vom ersten Ton an stand kein Schlappen mehr still. Booker T. leitet eine Instrumentalkapelle, die schnaften Soul mit Hang zum Easy Listening zocken, und das ist genau mein Dingen. Noch vor dem angeführten Kaempfert-Album stand fortan das komplette Weihnachtswerk der Band auf meinem Wunschzettel, aus dem dieser fantastische Song stammte. Witzig: Zufälligerweise bot kurz drauf der verlagseigene Plattenkrämer „Soundflat„ eine Wiedereröfentlichung der Scheibe an, bei der ich freilich zu spät kam. Später hab ich sie dann woanders bekommen. Jedoch, was soll ich sagen, die Jingle Bells-Nummer ist auf der Scheibe der Top-Star, der Rest kommt da nicht mit. Groovt dieser Song behende und flott, lassen es Booker T. und seine MG’s beim anderen Material sehr relaxt angehen. Das zaubert eine prima easy Fahrstuhlatmosphäre und es lässt sich dazu auf der Couch herrlich entspannt mit den Schlappen flappen, die erhoffte weihnachtliche Tanzparty entfacht die Scheibe jedoch nicht. Dennoch lohnt der Erwerb der Platte, man soll sich an Weihnachten ja sowieso in erster Linie erholen.
Geschenkt bekommen habe ich letztes Jahr auch die Weihnachtsscheibe von HERB ALPERT & THE TIJUANA BRASS. Die stand freilich bis dahin auch ganz groß auf meinem Wunschzettel, bläst Herb doch buchstäblich in die selbe fröhliche Trompete wie Kaempferts Bert. Folglich konnte da gar nichts schiefgehen, wenn dies renommierte Orchester sich Christmas-Klassiker vornimmt. Das Teil datiert aus dem Jahr 1968 und kann als wirklich gelungen bezeichnet werden. Auch hier geht besonders Jingle Bells hervorragend ab, was schlicht auch damit erklärt werden kann, dass die Nummer einer der besten Weihnachtssongs überhaupt ist. Kaufen heißt also mein Tipp im Zusammenhang mit dieser Platte, besonders, wenn man passionierter Cocktailschlürfer ist.
Apropos schlürfen: Hab ich eigentlich schon mal was zum Dino gesagt, DEAN MARTIN meine ich? Also da versteht sich natürlich, dass der zu einem zünftigen Weihnachtsumtrunk dazu gehört. Ist ja kürzlich wieder ziemlich angesagt gewesen der alte Knabe, weshalb man seine Weihnachtsscheibe in jedem bekackten CD-Laden für bloß fünfzig Mark oder so kriegt. Ich selber hab ‘se gar nicht, weil ich ja nur billige Sachen kaufe, und auf dem Flohmarkt hab ich sie halt noch nicht gesehen. Nun besitze ich freilich unzählige Sampler, wo der mit drauf ist, weswegen ich gut versorgt bin. Müßt ihr halt für euch entscheiden, was ihr macht...
Mein Weihnachtsgeschenk vom Joachim habe ich dieses Jahr schon im Oktober bekommen. Im Rahmen meiner Review-CD-Zuteilung kam ich nämlich zu einem echten Schmuckstückchen für meine Sammlung. Old-Joe hat auf seine alten Tage mal richtig cool geschaltet und dem einzig richtigen Mann – mir! – die neue Pladde vom BRIAN SETZER ORCHESTRA zukommen lassen - und die heißt doch tatsächlich „Boogie Woogie Christmas„! Glasig wurden meine Augen ob dieser schönen Geste! Besprochen wird die CD allerdings in der Review-Sektion dieses Blattes. Bitte also da nachsehen!
Oft werde ich bezüglich meiner Dezember-Kolumne darauf angesprochen, ob ich nicht auch einmal Weihnachtsplatten aus dem Punkrockbereich besprechen könnte. Ich wollte das zunächst nicht, weil das ja eigentlich uncool ist, und die Punkrocker die Songs meistens mit ihrer kindischen Protesthaltung versauen. Aber natürlich gibt es auch positive Ausnahmen, deshalb hier mal eine oder zwei davon:
Der Klassiker unter den Weihnachts-Punkrocksongs ist ohne Zweifel eine Nummer der seligen RICHIES. „MC Sullele„ heißt das epische Stück und findet sich auf dem „Pet Summer„-Album der legendären Duisburger Band. „MC Sullele„ ist ein sehr gefühlsseliges Schnulzenstück, das ich sofort auf eine Weihnachtspunkrock-Compilation packen würde, wenn ich Gelegenheit hätte.
Eine viel flottere Nummer zum festlichen Thema haben mal die GROOVIE GHOULIES herausgehauen, die sich ansonsten hauptsächlich mit scheiß Halloween befassen. „Christmas on Mars„ heißt die A-Seite („My Christmascard to you„ die Flip) der 1992 auf Crimson Corpse Rec. erschienenen Single. Während die B-Seite mich relativ kaltlässt, ist „Christmas on Mars„! ein echter Knaller, eine typische Ghoulies-Nummer mit Pepp und einem simplen Mitsing-Refrain, bei dem die Stimmung untermWeihnachtsbaum spontan steigt. Sollte man unbedingt für viel Geld bei eBay ersteigern, wenn man genug davon hat!
So, nun noch ein wenig Werbung in eigener Sache, das Bonbon, das ich eingangs erwähnte: Ich habe mir einen kleinen Traum erfüllt!
Am 23.12.2002, dem Tag vor Heiligabend (ein Abend besonderer Magie, so voller Spannung und prickelnder Vorfreude), der ja nun nicht mehr weit ist, lade ich ins Druckluft in Oberhausen zu einem Abend mit mir und meiner Weihnachtsplattensammlung ein. Den ganzen Abend lang wird es da Nonstop-Christmasmucke geben, das die Glocken nur so bimmeln. Ein gewagtes Unterfangen, bei dem es bestimmt Ärger mit irgendwelchen Weihnachtsmuffeln geben wird, die sich ahnungslos dort hin verlaufen: „Boah ey, mach doch ma‘ wat anderes ey, Weihnachten ist doch scheiße ey, alles nur Konsum ey, Doppelmoral, verlogen, bla bla bla„. Solche Typen kriegen von mir natürlich erst recht eine Superschmalz-James Last-Version von „Heidschi Bum Beidschi„ vor den Latz jubiliert, ist klar! Heißen wird die Aktion „Christmas Lounge„, ein hipper, kommerzieller Name, der die Leute locken soll, jedoch nichtsdestotrotz gut passt, da es in der Tat ganz ganz easy zugehen wird. Eine Super-Weihnachtsatmosphäre wird das geben, mit Glühwein, Nüssken und allem weihnachtlichen Pipapo. Alles (und noch viel mehr) was ich in den drei Teilen meines Reports bisher vorgestellt habe, werde ich dort zu Gehör bringen. Und sollte es tatsächlich jemanden geben, den sowas interessiert und der wohlmöglich auch die ein oder andere coole Weihnachtsscheibe im Schrank hat, dem sag ich: Mitbringen Keule, wird gespielt! Kostet übrigens keinen Eintritt – gewissermaßen mein Weihnachtsgeschenk an euch!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #49 Dezember 2002/Januar/Februar 2003 und Ox