Vor nicht ganz zwei Jahren veröffentlichte das unbeschriebene Blatt WAYSTE die EP „No Innocence“. Die erfinderische Mischung aus brutal-chaotischen Parts und melodisch-düsteren Momenten des Trios lässt sich irgendwo zwischen CONVERGE, TRASH TALK und CODE ORANGE verorten, ohne dass es dem Sound der Leipziger an Charakteristik mangelt. Nun steht mit „The Flesh And Blood“ der erste Longplayer der Band aus Leipzig in den Startlöchern und setzt kompromisslos das fort, was vor zwei Jahren begann.
Trägheit kann man WAYSTE nicht vorwerfen. Schon vor dem Release ihrer ersten EP begann der lange Weg der Arbeit an „The Flesh And Blood“. „Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir im Januar oder Februar in Winterjacke im unbeheizten Proberaum saßen und an den Songs tüftelten“, erzählt Sänger und Gitarrist Manuel. Die dort gemeinsam geschriebenen Tracks sprengen nicht selten bekannte Taktmuster und schaffen spielerisch den Spagat zwischen Eingängigkeit und wüster Komplexität. Gut aufeinander eingespielt sind die drei allemal. Das beweisen sie nicht nur durch eine brachiale und doch präzise Bühnenshow, sondern auch durch die Produktion der LP. Sie haben sie nämlich komplett live aufgenommen. Die Dynamik im Hörgefühl profitiert davon, obwohl die Produktion trotzdem breit und hochwertig ist. „Beim Aufnehmen zusammen in einem Raum zu stehen und sich gegenseitig beim Spielen zu sehen, macht eine riesigen Unterschied. Im Endeffekt fühlt es sich an wie eine Probe mit extrem gutem Sound und einem kleinen bisschen mehr Druck.“ WAYSTE haben zwar kein Konzeptalbum geschrieben, allerdings gibt es eine Art roten Faden, der sich durch viele der Tracks spinnt. Der Kampf gegen die eigene Sozialisation und die Loslösung von Werten, die man nicht länger mit sich vereinbaren kann. „Wir kommen aus sehr konservativ-christlichen Elternhäusern und haben mit vielen Ansichten, die uns in unserer Kindheit vermittelt wurden, ziemlich radikal gebrochen. Das ist ein sehr langwieriger und zehrender Emanzipationsprozess, den wir immer noch mit uns herumschleppen. Deswegen ist das auch kein Thema, das sich mal schnell in ein paar Songs abarbeiten lässt, sondern eines, das immer wieder auftaucht und aus immer wieder anderen Perspektiven beleuchtet wird. Im Endeffekt ist es ja nicht so, dass wir unseren Familien den Rücken gekehrt haben, wir fühlen uns im Gegenteil durchaus emotional an sie gebunden. Es ergeben sich dadurch recht komplizierte Konfliktlagen, die immer wieder ein ziemliches Frustrationspotenzial entwickeln können. Vor allem, weil wir immer wieder merken, wie unsere Sozialisation auch eigene Verhaltensweisen verursacht, die uns an uns selbst nerven, aus denen wir aber einfach nicht so richtig ausbrechen können.“ Die Songs von WAYSTE geleiten ihre Hörerschaft jedenfalls dank ihrer Diversität und immer wieder auftauchenden ruhig-melodischen Parts passgenau durch ebendiese erlebten Gefühle und Erfahrungen.
© by Fuze - Ausgabe #72 Oktober/November 2018 und Christopher Schmidt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #129 Dezember16/Januar17 2016 und Julius Lensch
© by Fuze - Ausgabe #72 Oktober/November 2018 und Christopher Schmidt