Vor einigen Monaten sah ich die TV-Dokumentation „Aus dem Schatten des Vaters“ – und war fasziniert, was Walter Kohl, der ältere der beiden Söhne von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl da über sein Leben erzählte. Eine sehr offene, analytische Abrechnung von einem, der an seinem Leben und seiner Familie beinahe zerbrochen wäre, der es aber schaffte, daraus gestärkt und gewandelt hervorzugehen. Ein ungewöhnliches Interview für das Ox, angesichts der prägenden Wirkung der Kohl-Jahre für den Punk-Protest der Achtziger aber dann doch nicht so abwegig. Und wer die Doku gesehen hat und die beiden Bücher von Kohl gelesen hat, wird meine Faszination sowieso nachvollziehen können. So anders der Lebensweg von Kohl auch ist, in einem ist er Punk: er macht genau sein Ding.
Das Ox ist ein Musikmagazin, und so habe ich in Ihrem Buch auf Stellen geachtet, in denen es um Musik geht. Ich fand zwei: einmal erwähnen Sie Ihren Walkman, ein anderes Mal zitieren Sie aus einem Song der Band CINDERELLA. Welche Rolle hat Musik in Ihrer Jugend gespielt, welche spielt sie heute?
Ich höre gerne Musik. Sie ist für mich Energie und Spaß und, wenn es gute Musik ist, auch eine Kraftquelle. Als Schüler war ich von der Neuen Deutschen Welle begeistert, das war so zu meiner Oberstufen-, Abitur- und Bundeswehrzeit. Für Rockmusik war ich immer schon empfänglich, DEEP PURPLE, ROLLING STONES, URIAH HEEP, CINDERELLA und so weiter.
Rockmusik war und ist für Eltern ein klassisches „Aufregerthema“, und es geht sehr oft um Rebellion. Nun findet sich in ihrem Buch diese Aussage über Ihre Mutter: „Aufruhr und Revolution waren ihr zutiefst fremd, sie konnte und wollte nicht am System rütteln.“ War Musik entsprechend ein Aufregerthema im Hause Kohl?
Nö. Da waren meine Eltern total entspannt, und in meiner Teenagerzeit konnte ich die Musik laut aufdrehen, da gab es fast nie Stress. Große Momente waren für mich damals Open-Air-Konzert auf dem Mannheimer Maimarkt-Gelände, DEEP PURPLE beispielsweise war ein echtes Erlebnis. Bei Liedern wie „Smoke on the water“ kann man einfach nicht nicht gut drauf sein.
Die Neue Deutsche Welle ging ja zum Teil aus dem Punk hervor. Hatten Sie auf irgendeine Weise Kontakt zu Punk, etwa durch Schulkameraden? Und hatten Sie eine Meinung zu Punk?
Ja, ich hatte eine Meinung und es war keine gute. Die Punker, die ich kannte, entsprachen nicht meinem Geschmack. Ich fand, dass Musik einfach nur Musik sein soll und das große Teile der Punk-Bewegung sich damals völlig überzogen und einseitig in Dinge verrannt haben. Damals war ja die große Zeit der Wehrdienstverweigerung, ich aber ging freiwillig zur Bundeswehr, wurde später Reserveoffizier in einer Kampfeinheit. Ich konnte mit einer Rebellion um der Rebellion Willen noch nie viel anfangen. Interessant ist, dass die meisten Punker von damals heute durchaus brave Bürger geworden sind. Wenn ich etwa an DIE TOTEN HOSEN denke, die sind einen langen Weg gegangen, was ich auch völlig okay finde. Ich finde es gut, wenn jemand rebelliert, aber ich finde es auch wichtig, dass jeder die Freiheit hat, seinen eigenen Lebensweg zu finden. Die totale Rebellion ist auch ein Weg, aber meiner Meinung nach nicht unbedingt der Sinnvollste.
Warum haben Sie sich für den Weg entschieden, zur Bundeswehr zu gehen und sich damit zur Politik der Bundesregierung zu bekennen, die auf Aufrüstung setzte, während die Friedensbewegung immer stärker wurde?
Ich hatte damals in der Schule im Fach Sozialkunde eine Facharbeit geschrieben. Damals für mich unglaublich lange 25 Seiten zum NATO-Doppelbeschluss ...
... vom 12. Dezember 1979, bei dem es einerseits um Verhandlungen ging über die Begrenzung amerikanischer und russischer atomarer Mittelstreckenraketen, zum anderen aber auch um die weitere Aufrüstung in Westdeutschland mit Pershing-Raketen und Marschflugkörpern ...
Durch die Beschäftigung mit dem Thema, durch die Verquickung von Sicherheitspolitik und Zukunft ist mir bewusst geworden, wie zentral diese Entscheidung, und das sage ich jetzt ganz bewusst, für das Schicksal unseres Landes ist. Ich hatte damals als wohl einziger Schüler im ganzen Landkreis Ludwigshafen einen NATO-Aufkleber auf meinem Moped-Helm. Ich war der Meinung, wenn wir diesen NATO-Doppelbeschluss nicht machen, dass die NATO und wohl auch die Europäische Gemeinschaft auseinanderbrechen werden und die Russen zumindest politisch bis zum Rhein marschieren. Ich war der Einzige an meiner Schule, der diese These vehement vertreten hat, und das völlig losgelöst von meinem Vater. Ich bin heute noch der Meinung, hätte Helmut Schmidt den NATO-Doppelbeschluss nicht initiiert und hätte mein Vater die Wahl im März 1983, die ja als die „Raketenwahl“ tituliert wurde, nicht gewonnen, wäre wahrscheinlich die ganze weitere politische Entwicklung – Stichwort: Ende des Ostblocks – ganz anders abgelaufen. Ich halte den NATO-Doppelbeschluss für einen absoluten Kulminationspunkt und hatte für mich entschieden, dass es den Doppelbeschluss geben muss und dass eine Öffnung im Sinne von Trennung von den USA im damaligen Kontext zu einer Katastrophe führen würde. Und so bin ich einerseits jemand, der begeisterter Rockmusikhörer ist, und andererseits Reserveoffizier der Bundeswehr sowie ein überzeugter Vertreter des NATO-Doppelbeschlusses. Das ist für mich überhaupt kein Widerspruch. Übrigens kann man im Schützenpanzer über Walkman sehr gut Rockmusik hören, das kann ich aus Erfahrung sagen.
Wie hat Ihre politische Meinungsbildung stattgefunden? Sie sagten, Sie seien zu ihrer Meinung den NATO-Doppelbeschluss betreffend ohne ihren Vater gekommen.
Ganz wesentlich durch diese Facharbeit, für die ich ein Vierteljahr Zeit hatte und für die ich ein mir damals ganz neues, intensives Quellenstudium betreiben musste. Ich las deutsche und internationale Zeitungen, Hintergrundberichte und Analysen. Obwohl ich erst in der 12. Klasse war, war es das erste Mal, dass ich eine eigenständige akademische Leistung vollbringen musste. Da machte ich vieles zum ersten Mal, was heute noch für mich wichtig ist, nämlich das tiefe Arbeiten an Themen, das Researchen. Das hat alles seinen methodischen Ursprung in dieser Facharbeit. Auch das Bilden einer eigenen Meinung, das Durchhalten dieser gegen ein anders gesinntes Umfeld, geht darauf zurück. Mein schulisches Umfeld, meine Lehrer, waren zu 80% anderer politischer Meinung. Ich hatte aber mein Urteil gefällt und blieb dabei, auch und gerade weil es natürlich häufig das Vorurteil gab und gibt, dass der Sohn vom Kohl ja sowieso dieselbe Meinung wie sein Vater zu haben hat. Ich aber habe stets betont: „Das ist meine eigene Meinung!“. Und genau das mache ich heute auch, womit wir bei meinem Thema Versöhnung sind. Für mich ist es kein Widerspruch über Versöhnung und inneren Frieden zu sprechen und dabei auch gerne Rockmusik zu hören.
Hat Sie damals an Rockmusik auch die politische Komponente interessiert? Eine Band wie BAP beispielsweise ist ja eng verbunden mit der Friedensdemo im Bonner Hofgarten.
BAP ist für mich kein gutes Beispiel für Rockmusik, denn Rockmusik muss auch mal richtig krachen. Ich finde, Musik soll Freude machen und man muss nicht alles politisieren. Ich fand die Neue Deutsche Welle mit Bands wie IDEAL oder SPLIFF richtig gut, aber mir gefiel auch die Rockmusik aus der DDR, etwa CITY, PANKOW oder KARAT. Ich höre Musik ja nicht um der Politik willen, sondern um Musik zu hören. Musik ist auch der Weg nach innen. Johnny Cash zum Beispiel höre ich auch gerne, „Cocaine Blues“ oder „Hurt“, sein letztes Lied, das ist schon fast eine Reise in die andere Welt, wenn man da mal genau zuhört. So was begeistert mich an Musik.
Die Achtziger waren ein prägendes Jahrzehnt für viele Menschen, in den USA stellte Ronald Reagan wichtige Weichen für die Zukunft des Landes, in Großbritannien Margaret Thatcher und in Deutschland Helmut Kohl. Wie haben Sie diese Jahre erlebt mit einer Meinung, die im Dissens steht zu jenen, die in jenen Jahren etwa in der Friedens- oder Anti-AKW-Bewegung politisiert wurden?
Ich war nur die ersten vier Jahre der Achtziger in Deutschland, den Rest verbrachte ich in den USA. Dadurch habe ich viele Diskussionen in Deutschland nicht mitbekommen, aber die Friedensbewegung der frühen Achtziger lehnte ich in ihrer Radikalität und auch Naivität ab, speziell Personen wie Petra Kelly und Gert Bastian. Zu beiden gibt es mittlerweile ja auch klare Hinweise, dass sie im Sold der Stasi standen. Deren Tun habe ich damals mit Zweifel betrachtet und diese Zweifel haben sich in meinen Augen bewahrheitet. Was nun die USA betrifft, so erlebte ich dort ganz andere Diskussionen, da war das Thema Integration und Rassenversöhnung wichtig. Es entstanden Filme wie „Mississippi Burning“. Das habe ich mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, weil es ein „Healing“ in der Gesellschaft war. Da haben die Amerikaner meiner Meinung nach eine große Fähigkeit, kritische Themen anzusprechen und diese auf eine breite Plattform zu stellen. Die soziale und kulturelle Diskussion der Achtziger Jahre war in den USA sehr stark von diesen Themen geprägt.
War das ein aktives Aneignen von Wissen über Versöhnung oder stellten Sie erst im Nachhinein fest, dass sie da was aus ihrer Zeit in den USA mitgenommen hatten?
Letzteres. Es war ein Anhäufen von Puzzlesteinen, und erst viel später, nach meiner großen persönlichen Krise 2002/2003 und dem Aufbruch in ein neues Leben – ich nenne das gerne „Walter 2.0“ – stellte ich fest, dass ich all das, was da ablief, schon mal gesehen, gehört, gespürt hatte.
Wut, Aggression, Verzweiflung, das sind Emotionen, die im Punk immer schon eine große Rolle spielten – und das sind Emotionen, das kann man in ihren Büchern nachlesen, die auch in ihnen lange Zeit getobt haben. Wie haben sie es geschafft, diese Wut in etwas Positives zu verwandeln?
Ja, ich habe solche Wut erlebt und schließlich auch in eine neue, konstruktive Energie gewandelt. Jedes Gefühl hat ein Gegengefühl. Wenn Sie die fünf Schritte des Weges der Versöhnung betrachten, die den Kern meiner Arbeit ausmachen, finden Sie im dritten Schritt, den sogenannten Energiewandel. Das heißt, dass wir nach einer gewissen biografischen Vorarbeit im ersten und zweiten Schritt sagen, was das neue Ziel der Wut ist. Wie kann ich aus alter Wut eine neue, heilende Energie machen? Und das gilt nicht nur für Wut, sondern auch für Dinge wie Einsamkeit, Sprachlosigkeit, Angst, Schmerz, eben für all jene Gefühle, die uns belasten, die „Kraftfresser“ sind. Das Ziel meiner Arbeit ist, Kraftfresser in Kraftquellen zu wandeln. Ein Wandel bedeutet, dass man das Alte annimmt und ihm eine neue Richtung, einen neuen Sinn gibt. Ein Beispiel: Der Tod meiner Mutter hat mich extrem geschmerzt. Suizid in der eigenen Familie, dann auch noch im einstigen Kinderzimmer, im einstigen Jugendbett, das war eine Katastrophe. Mein Wandel besteht nun darin, dass ich es als meinen Auftrag definiert habe, offen über Suizid zu sprechen, um Menschen zu erreichen und zu bewegen, nicht diesen Weg zu gehen. Und heute kann ich sagen, dass eine ganze Reihe von Menschen mir geschrieben haben „Herr Kohl, Ihre Worte haben mir geholfen, ich begehe keinen Suizid“. So kann ich jetzt ans Grab meiner Mutter gehen und sagen „Mama, das haben wir gemeinsam mitbewirkt.“. So ist aus dem alten Schmerz neuer Sinn geworden. An der Punk-Bewegung hat mich übrigens damals gestört, rein intuitiv, dass die bei der Wut stehengeblieben sind, dass die keine Antwort hatten. Die bloße Wut an sich ist keine Antwort, sondern eine Sackgasse! Die große Herausforderung im Leben ist das, was uns widerfährt, z. B. Wut, Einsamkeit, Enttäuschung zu befrieden und in neue Kraft zu wandeln. Mein Appell an die Musik ist, den Weg bis zum Ende zu gehen und nicht im Schmerz stehenzubleiben, sondern weiterzugehen in Richtung deiner neuen, lebenswerten und positiven Antwort, also Impulse zur Lösung zu geben.
Als nicht-religiöser Mensch finde ich es interessant, dass Sie all das in Ihrem Buch eigentlich ohne Rückgriff auf religiöse Begriffe und, wenn ich das so sagen darf, „esotherischen Popanz“ zum Ausdruck bringen. Alles ist sehr sachlich formuliert – warum?
Ich schreibe, wie ich denke, fühle, eben wie ich bin. Und ich bin, wie ich bin.
Ich erkenne in Ihren geschriebenen wie gesprochenen Worten analytische Schärfe. Lässt sich das auf Ihren Hintergrund auf Ihre Ausbildung und Ihre Berufserfahrung als Analytiker einer großen Bank zurückführen?
Ja, natürlich. Ich habe Volkswirtschaft studiert, im Investmentbanking und Controlling gearbeitet, das sind analytische Berufsfelder. Ich musste regelmäßig vor Entscheidungsträgern Analysen zu komplexen Sachverhalten abgeben, und später auch selbst als Entscheider wirken. Für mich gehört eine Analyse dazu, das war schon immer meine Art – bis hin zur vorhin erwähnten Facharbeit, die einen Wendepunkt in meinem Leben darstellte. Jeder geht seinen Weg, hat seine Art, und das ist eben meine.
In Ihren Bücher stecken sehr viele Emotionen, zum Schluss wird es aber dann doch sachlich: „Die Fakten sprachen dafür, das und das zu tun.“ Ich finde es interessant, aus einem emotionalen Thema eine sehr sachliche, nachvollziehbare Entscheidung zu machen.
Ich glaube, dass wir als Menschen aus drei Elementen bestehen: Körper, Geist und Seele. Das ist wie ein Dreiklang, ein Akkord, eine Harmonie. Die sachliche, intellektuelle, die Geistaussage, dann die spirituelle, emotionale, die Seelenaussage, und das körperliche Wohlbefinden, der „Bauch“, die müssen im Einklang sein. Wenn wir Menschen überzeugen wollen, dann schaffen wir das nur, wenn wir im Einklang mit uns selbst sind. Ich nenne das „Freundschaft mit uns selbst“. Wer seine Freundschaft mit sich selbst findet, der kann auch Freundschaft mit anderen Menschen haben, und, so gewünscht, auch eine Freundschaft mit Gott. Eines meiner großen Themen ist es deshalb, Menschen Wege zu öffnen, um zu dieser Freundschaft mit sich selbst zu gelangen.
Ihre Erkenntnis, was in Ihrem Leben schief gelaufen ist, bedeutete ja in jeder Hinsicht einen Bruch mit der Vergangenheit. Sie bewegten sich weg vom „harten“ Thema der Wirtschaftsanalyse hin zu einem „weichen“ Thema.
Ich würde das nicht als „weich“ bezeichnen, es ist gemischt, im Sinne von Körper, Geist und Seele. In der Gewichtung liegt dann auch die Wucht der Aussage, denn es gibt Menschen, bei denen eher die Gefühle im Vordergrund stehen, bei anderen der Kopf. Mein Ziel ist, viele Menschen zu erreichen, und in mir offen zu bleiben.
Wie werden Sie heute gesehen von Menschen, die sie früher kannten?
Das ist ein fast immer positives Erlebnis. Bei vielen meiner Lesungen und Vorträge kommt jemand aus meinem alten Leben, sei es jemand, der mal mit mir zusammengearbeitet hat, oder ein ehemaliger Kunde oder Lieferant. Dann bekomme ich viel positives Feedback. Und das freut mich, denn der Tenor ist, dass ich mich weiterentwickelt habe. Das gibt mir Bestätigung.
Was fasziniert Menschen an Ihnen?
Da müssen Sie andere fragen.
Ich vermute, dass ein Reiz, sich mit Ihnen zu beschäftigen, zunächst schon das „Sohn vom Kohl“-Ding ist, doch sobald man dann eines ihrer Bücher gelesen hat, tritt dieser Aspekt in den Hintergrund und man merkt, dass da noch viel mehr ist.
Dann schließe ich mich jetzt einfach Ihrer Aussage an, haha.
Wie gehen Sie damit um, dass man in dem Moment, wo man Menschen irgendeine Form der Lebenshilfe gibt, eine Verantwortung übernimmt?
Das ist ein wichtiger Punkt. Ich bezeichne mich immer als „Impulsgeber“. Ich bin kein Therapeut, oder einer der etwas besser weiß. Ich kann nur das, was ich weiß, teilen und mitteilen. Ich kann anregen. Gerade auch in meinen Coachings arbeite ich sehr stark mit dem Konzept der Eigenverantwortung. Und ich mache keine großen Versprechungen, sondern sage nur, dass wir es einfach mal probieren. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle war das Ergebnis gut oder sehr gut. Wenn man wenig verspricht und mit Demut – dieses Wort wähle ich ganz bewusst – an die Sache herangeht, dann bedeutet das sowohl mutig zu sein, aber auch dem anderen mit Wertschätzung zu begegnen. Meine Arbeit ist für mich eine Herzensangelegenheit, sie gibt mir Sinn. Wenn jemand sich von mir verabschiedet und sagt, dass ich ihm helfen konnte, einen neuen Ansatz für seine Lebensthemen zu finden, dann ist das das größte Glück, die schönste Bestätigung für meine Arbeit. Und das möchte ich zum Kern meines neuen Lebens machen.
Ihre Hilfe bieten Sie an unter dem Namen „Zentrum für eigene Lebensgestaltung“. Das ist sehr konkreter Name, aber können Sie ihn uns dennoch erklären?
Zentrum heißt es deshalb, weil es kein Institut, keine Akademie sein soll, also etwas, wo etwas besser gewusst oder gelehrt wird. „Zentrum“ steht für einen Ort, wo man sich trifft. Ich möchte – das Projekt steht ja noch am Anfang – einen Ort entwickeln, wohin Menschen kommen können, physisch und virtuell, um sich auszutauschen, um Erfahrungen, Meinungen und Wissen zu teilen. „Eigene“ steckt im Namen, weil jeder letztlich seines eigenen Glückes Schmied ist. Und „Lebensgestaltung“ kann man nicht in der Apotheke bekommen, das ist kein Bauplan wie für ein Ikea-Möbelstück. Jeder muss für sich selbst seine Antworten finden, diese immer wieder updaten und verifizieren. Lebensgestaltung bedeutet, dass man sein Leben aktiv in die Hand nimmt, dass man Autor seines eigenen Skripts wird, dieses Skript aber auch lebt, es den sich wandelnden Lebensumständen immer wieder anpasst. Das sollte man tun mit Friedensabsicht, Wertschätzung, Gemeinschaftssinn und Verantwortung, und das führt dann automatisch dazu, dass mehr innerer Frieden in die Welt kommt. Mein großes Anliegen mit dem Zentrum ist, dass ich für den Frieden arbeiten möchte. Meine Überzeugung ist, dass wer Frieden in sich hat, keinen Krieg nach außen trägt. Und das wiederum ist die Grundlage für die drei Freundschaften – mit sich selbst, mit anderen und mit Gott.
Eine „Heilsbotschaft“ haben Sie also nicht. Im Bereich der Lebensberatung gibt es aber viele, die genau das von sich und ihrer Methode behaupten.
Ich weiß, dass Leben auch viel Arbeit am eigenen Sein ist, quasi eine Art Gärtnern im eigenen Garten. Ich finde das gut, denn dadurch entstehen immer wieder neue Chancen und Antworten.
Herr Kohl, besten Dank für das Gespräch.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #116 Oktober/November 2014 und Joachim Hiller