VERSTÖRTE BECKER

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Ruhrpott-Freibeuter

Zum ersten musikalischen Lebenszeichen der Band schrieb ich 2021: „Vier Menschen aus dem Ruhrpott, die sich seit zig Jahren kennen, haben nun gemeinsam eine Band gegründet. VERSTÖRTE BECKER heißt die, und am Schlagzeug sitzt Ruhrpott Rodeo-Veranstalter Alex Schwers (auch SLIME), Gitarre spielt Nikolaj Sonnenscheiße von DIE KASSIERER, der Gesang kommt von Fisch (DIE LOKALMATADORE) und am Bass ist Thorsten Lersch von POTT RIDDIM.“ Im April erscheint nun nach ein paar Videos die erste 7“-EP und ich stellte allen ein paar Fragen.

Erzählt bitte mal, wieso ihr euch trotz anderweitiger „Hauptband“ noch diese neue angelacht habt mitten in Corona.

Fisch: Hat sich halt so ergeben. Niko hat mich gefragt, und es war sofort klar, dass es riesig Bock machen würde, mit den Leuten zu spielen, und so isset auch.
Niko: Durch Corona hatten wir alle leider viel mehr Zeit. DIE KASSIERER sind ja eine Band, die von Live Auftritten lebt und nicht ständig probt, und Alex hatte als Konzertveranstalter im wahrsten Sinne des Wortes schlechte Karten.
Alex: Nun ja, ich dachte ja eigentlich, meine „Hauptband“ gibt’s nicht mehr ... konnte ja keiner ahnen.

Wenn Fisch singt, klingt das natürlich nach LOKALMATADORE. Was steckt noch drin in dieser Band, die man ja als „All-Star Project“ bezeichnen könnte?
Fisch: Ja, meine Stimme kann ich schlecht verstellen, aber bei uns steckt 100% VERSTÖRTE BECKER drin. Und sonst nix. Vor allem keine All-Stars.
Niko: Vor allem steckt jede Menge Punkrock in dieser Band. Und durch die neue Zusammensetzung von Leuten, die sich schon extrem lange kennen, entsteht etwas Neues, das trotzdem irgendwie vertraut klingt.
Alex: Den Begriff „All-Star Project“ find ich irgendwie unglücklich. Eigentlich sind ja alle All-Star-Bands in der Geschichte des Rock’n’Roll gescheitert ... außer vielleicht die TRAVELLING WILBURYS, die fand ich ganz gut. Aber da haben ja auch Bob Dylan, George Harrison, Tom Petty, Jeff Lynne und Roy Orbison gespielt, und am Ende klang alles, was die gemacht haben, nach BEATLES. Die haben sich aber auch nach zwei Platten schon aufgelöst ... so weit müssen wir erst mal kommen ... Wir haben zum Beispiel, wenn wir proben und jeder von seinem Chauffeur in die Proberaum-Suite gebracht wird, gar nicht so das Gefühl, eine All-Star-Band zu sein.

Ihr seid alle aus dem „Pott“. Würdet ihr sagen, dass es so was wie eine spezielle Ruhrgebietsvariante des Punk gibt? Was macht die aus? Und passt ihr da rein?
Fisch: Ich finde, die Gemeinsamkeiten zwischen BLUTTAT, EISENPIMMEL, UPRIGHT CITIZENS, KASSIERER und BLACK SQUARE halten sich in Grenzen, insofern würde ich kaum von einem spezifischen Ruhrpottsound sprechen. Und ja, da passen wir dann gut rein ...

Ich bin ja ein großer Fan des gepflegten Kalauers ... Also, wer kam auf den Bandnamen, und glaubt ihr, der untote Pirat lässt euch das durchgehen?
Niko: Fisch hatte die Idee für den Bandnamen während einer philosophischen Diskussion über alkoholfreie Biersorten. Ich bin sicher, Klaus Störtebeker ist geschmeichelt, falls er jemals davon erfahren sollte.
Alex: Man muss aber auch dazu sagen, dass der Name irgendwie aus einem Missverständnis heraus rührt. Fisch wollte, glaube ich, was ganz anderes sagen und Thorsten hat das aber so verstanden.
Fisch: Ja, stimmt. Wat für’n Pirat? Der Name geht auf einen Hörfehler beim Schwadronieren über alkoholfreie Biere zurück.

Im April – am 14., nicht am 20. – kommt eure erste EP, darauf ist auch die Nummer „Hitlers Schwanz“. „They saved Hitler’s cock“, heißt es. Hitler, Pimmel – nun, sind wir damit wieder mittendrin in der Themenwelt von LOKALMATADORE und DIE KASSIERER?
Niko: Die Themenwelten beider Bands sind ja ziemlich reichhaltig, die These ist nachvollziehbar. Aber der Song ist von Alex.
Alex: Den Song hatte ich eigentlich für die neue SLIME-Platte geschrieben, aber die meinten, der passt nicht zu SLIME. Verstehe ich gar nicht! Und da die nächsten vier Swag Boy Alex-Platten schon fertig produziert im Schrank liegen, habe ich ihn dann VERSTÖRTE BECKER angedreht.
Thorsten: Das Lied passt hervorragend zu uns!

„Dieser Mann trinkt viel“ war die erste Video-Single – auf den ersten Blick erfüllt ihr alle Klischees. Bis Fisch dann vier Wasser bestellt ... Und wer Fisch kennt, der weiß, dass der lange schon keinen Alkohol mehr trinkt. Ein Spiel mit den Klischees und Erwartungen also?
Fisch: Da interpretierst du etwas zu viel rein, es heißt ja: „Ich kenn ’nen Mann ...“ und nicht „Ich bin ein Mann ...“ Und ich kenn tatsächlich den einen oder anderen, der da gemeint sein könnte.
Alex: Wir wollen nicht greifbar sein, immer wieder die Erwartungen der Zuhörer brechen. Uns in keine Schublade stecken lassen! Mit dem Mann im Video hab ich übrigens schon sehr viel zusammen getrunken.

Und mal ein kleiner Ausblick, was da so kommen wird: VERSTÖRTE BECKER auf dem Ruhrpott Rodeo? Eine Tour? Ein Album?
Thorsten: Album kommt, alles andere wird noch nicht verraten.

Und die anderen Bands, was geht? Von LOKALMATADORE und DIE KASSIERER würden die Fans sicher auch gerne mal wieder was hören. Und POTT RIDDIM? Alex immerhin liefert ja in Kürze mit SLIME.
Niko: Für DIE KASSIERER stehen 2022 schon ziemlich viele Konzerte an. Da wäre es einfach schön, wenn die endlich auch mal stattfinden. Wir fahren gerade aber auf Sicht.
Thorsten: Also was POTT RIDDIM angeht, sind wir mittendrin mit ’nem neuen Album, Corona und einige andere Sachen haben uns echt zugesetzt, aber wir sind guter Dinge, dass es bald was von uns zu hören gibt.
Fisch: Mit LOKALMATADORE ist nix geplant zur Zeit, wir haben aber mit Fisch und Oldrik unser zweites Album „Rohbau“ fertig aufgenommen und gemischt, das heißt bei der gegenwärtigen Presswerkssituation kann sich das höchstens noch um Jahre handeln, bis das als Vinylerzeugnis rauskommt.
Alex: Ich würde mich schon freuen, überhaupt mal wieder live zu spielen ...