UNEARTH sind seit zwanzig Jahren eine Macht im Metalcore, um die es in letzter Zeit etwas ruhiger wurde. Wir sprechen mit Sänger Trevor Phipps über die lange Karriere seiner Bostoner Band sowie das neue Album „Extinction(s)“.
Eure Band gibt es jetzt schon zwei Jahrzehnte. Was hat sich in der Zeit für euch verändert?
Als wir 2004 „The Oncoming Storm“ veröffentlicht haben, gab es einen spürbaren Anstieg in jeder Hinsicht – Zuschauer, Verkäufe und Leute aus der Industrie, die auf einmal Interesse an uns hatten. Das Level konnten wir auch über die Jahre beibehalten oder sogar ausbauen. Aber wir haben die Touren von acht bis zehn Monaten pro Jahr auf fünf oder sechs Monate zurückgeschraubt, um eine bessere Balance mit unserem Familienleben zu finden und unsere Batterien wieder aufzuladen. Wenn du darauf achtest, körperlich und geistig fit zu bleiben, kannst du Konzerte geben, bis du alt und grau bist. Es wird nur zum Problem, wenn du jeden Abend Party machst, als wärst du noch immer 25. Wir haben 2017 an die sechzig Shows gespielt und 2018 werden es knapp hundert sein. 2019 werden wir die Hälfte des Jahres um die Welt touren, um unser neues Album „Extinction(s)“ zu promoten. Am härtesten war sicher die Phase 2004/05. In den zwei Jahren waren wir insgesamt knapp zwanzig Monate unterwegs. Es war zermürbend, aber wir haben das Beste rausgeholt, wir haben die Welt gesehen und UNEARTH überall bekannt gemacht.
„Incinerate“, die erste Single, hat bei diversen Streaming-Portalen einiges an Resonanz erhalten. Habt ihr mit so einem Feedback gerechnet?
Wir haben dieses Mal einen anderen Vorgehensweise gewählt, da die Leute heutzutage wieder eher Singles hören, bevor sie ein Album durchlaufen lassen. Daher gab es bereits zwei Songs vorab, während das Album erst Ende November kommt. Kurz vorher wird noch ein dritter erscheinen. „Extinction(s)“ ist schon ein durchdachtes und zusammengehöriges Stück Musik, aber wir haben uns trotzdem entschieden, über einen längeren Zeitraum hinweg verschiedene Singles zu veröffentlichen. Das hat uns geholfen, UNEARTH mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Eure Texte sind eher dystopisch und werfen einen kritischen Blick auf die Gesellschaft. Woher kommt deine Inspiration? Was sind typische UNEARTH-Motive?
Sieh dir doch nur mal an, in welchem Zustand die Welt heute ist. Wenn du nicht total blind bist, erkennst du das zunehmende Ungleichgewicht zwischen richtig und falsch, und es wird nicht besser. Ich nehme mir die Themen vor, die ich als negative Entwicklungen unserer Zeit wahrnehme, ich biete nicht unbedingt Lösungen an, aber offeriere den Zuhörern einen Denkansatz, der sie hoffentlich dazu bringt, ihre Rolle in der Gesellschaft zu hinterfragen.
Ihr wart mal eine der führenden Bands des Metalcore. Wie denkst du heute über das Genre? Gibt es da für dich noch interessante Bands? In welche Richtung entwickelt sich die Szene?
Wir haben in den späten Neunzigern angefangen, zeitgleich mit LAMB OF GOD, SHADOWS FALL, KILLSWITCH ENGAGE, DARKEST HOUR, WALLS OF JERICHO, EIGHTEEN VISIONS und ALL THAT REMAINS. Jede Band brachte etwas Eigenes mit in den Metal und Hardcore, aber wir teilten alle die Bühne miteinander. Mittlerweile hat sich viel getan und Metal erlebt eine goldene Ära. Es gibt so viele tolle Musik da draußen, es gibt noch die „Big Four“, aber auch die neue Generation mit GOJIRA, MASTODON, POWER TRIP, KNOCKED LOOSE, GATECREEPER und vielen mehr. Die Musik und die Szene sind permanent in Bewegung. Ich hoffe, die Leute grenzen sich nicht mehr so stark ab und gehen weniger nach dem Genre, in dem sich eine Band bewegt. Für mich ist ein guter Song einfach ein guter Song.
Ihr beschäftigt euch mit dem Klimawandel und dem Schaden, den die Menschen auf der Welt anrichten. Was können wir deiner Meinung nach tun?
Wir zerstören unsere Umwelt, weil wir abhängig sind von fossilen Brennstoffen, die wiederum unsere Atmosphäre verschmutzt. Die Erde heizt sich auf und wir werden eine ziemlich große Krise erleben, wenn wir nicht drastische Maßnahmen einleiten. Jeder Song dieses Albums behandelt auf irgendeine Weise den Tod in Zusammenhang mit unserer Umwelt, dem Gemeinwohl, es geht um Suizid, tödliche Krankheiten und Menschenrechte. Es ist gedacht als Warnschuss, dass wir uns alle zusammentun müssen, um unseren Planeten und seine Bewohner zu retten, sonst werden wir Zeiten von Tod, Krankheit, Panik und Chaos erleben. Die Texte sind schonungslos, aber ich will, dass die Zuhörer etwas Positives aus unserer Message mitnehmen, um sich von den Plagen befreien, die die Menschheit bedrohen.
Was können wir von „Extinction(s)“ noch erwarten?
Das Album besitzt eine gewisse Dringlichkeit, die sich vom Anfang des ersten Songs „Incinerate“ durchzieht bis zum Cello am Ende des Schlusstracks, „One with the sun“. Musikalisch ist es dunkel, drängend und aggressiv, mit Texten, die diese Düsterkeit noch verstärken, mit Themen wie Tod, Verderben, Unzufriedenheit, eine Warnung an die Menschheit. Das letzte Stück ist mein Lieblingssong auf dem Album. Es hat alles, was UNEARTH in den letzten zwanzig Jahren ausgemacht hat. Außerdem kann ich sagen, dass sich alle zehn Songs gut in unser Live-Set einfügen, was auch ein Ziel war, das wir mit diesem Album hatten.
Was wird die Zukunft für UNEARTH bringen?
Buz, Ken und ich sprechen oft über die letzten Jahre, aber wir schauen genauso nach vorn. Es war eine Reise voller toller Momente und auch schwerer Zeiten, doch Musik ist unsere kollektive Liebe und wir haben es geschafft, sie in Einklang mit dem zu bringen, was uns als Individuen glücklich macht. Ihr könnt also damit rechnen, dass wir so weitermachen werden wie bisher.
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