ULTRABOMB bestehen seit 2022 und haben illustre Musiker an Bord: Finny McConnell von THE MAHONES, Jamie Oliver von UK SUBS und SNFU und nicht zuletzt Greg Norton von HÜSKER DÜ. Diese Band aus Minneapolis (1978 bis 1987) nennen viele Punk- und sonstige Bands als großen Einfluss.
Sie hielten lange kleineren Labels wie SST die Stange. Auch als sie letztendlich zur „Industrie“ (in diesem Fall Warner) gingen, litt ihre Integrität und ihre musikalische Vielfalt nicht im Geringsten. Dass die Band kurz darauf zerbrach, hatte andere Gründe. Schön zu erleben, das die drei Musiker von ULTRABOMB in nicht mehr ganz jungem Alter dermaßen kreativ und agil sind, Nicht zuletzt wird dies durch tolle Gigs bestätigt, und diverse HÜSKER DÜ-Songs gehören zum Programm. Im Dezember 2023 spielten ULTRABOMB im Berliner Quasimodo. Greg nahm sich vor dem Auftritt Zeit, einige Fragen zu beantworten.
Greg, wie geht’s dir, und wie läuft die Tour?
Mir geht es gut. Wir haben gerade in UK mit den BARSTOOL PREACHERS ein paar Gigs gespielt. Bisher lief es sehr gut und das Feedback war positiv. Ab heute spielen wir in Berlin, Köln und Haarlem. Dann geht’s noch mal nach UK für fünf weitere Shows.
Nach dem 2022er Debüt „Time To Burn“ habt ihr im Frühjahr noch eine Single namens „Bang Punk“ herausgebracht. Können die Fans bald wieder mit einem neuen Album rechnen?
Ja. Wir waren jetzt gerade am Anfang der UK-Tour in London. Unter anderem haben wir dort im Studio binnen vier Tagen unser neues Album aufgenommen.
Das Debüt habt ihr in Berlin eingespielt. Wo war das?
Das war im Studio 25 und lief über einen Freund von Finny. Der hatte im Vorfeld dort Studiozeit gebucht und Jamie war in jenen Tagen zufällig in Berlin. Ich beschloss also, spontan nach Berlin zu fliegen, weil ich die beiden vorher noch nie in persona gesehen hatte. Also tauchte ich hier auf, und wir haben das Album innerhalb von zwei Tagen aufgenommen, weitere zwei Tage später war es fertig produziert.
Wie habt ihr euch kennen gelernt, wenn ihr euch vorher noch nie gesehen hattet?
Ganz einfach: über Messenger. Finny und ich waren schon länger via Facebook befreundet. Er ist HÜSKER DÜ-Fan und hat mit seiner Band „Makes no sense at all“ gecovert. Er kam auch auf die Idee, zusammen mit Jamie eine Band zu gründen. Das war, als Jamie mit den UK SUBS auf Tour war. Nur um zu sehen, ob da tatsächlich was funktioniert und entstehen kann, haben wir uns dann in Berlin getroffen und relativ schnell die Platte aufgenommen.
Was damit tatsächlich noch schneller ging als damals bei HÜSKER DÜ mit „Zen Arcade“. Hatten die beiden vorher schon zusammengearbeitet?
Jamie und Finny sind schon lange Freunde. Jamie spielte bei THE MAHONES, und Finny half mit der Gitarre bei den UK SUBS aus.
Wie war es, die Songs zu schreiben? Lief das im Studio ab? Das frage ich auch, weil es so schnell ging.
Das erste Album haben wir definitiv im Studio geschrieben. Finny hatte eine Sammlung von Gitarrenriffs, von denen er dachte, sie könnten gut zu ULTRABOMB passen. Wir haben zusammen die Songs geschrieben und arrangiert. Der Produzent Hansi war sehr überrascht und sagte: „Das habt ihr doch nicht ernsthaft alles jetzt geschrieben?“ Die Texte vom Debütalbum stammen alle von mir. Bei der kommenden Platte lief es ähnlich: Finny kam mit Gitarrenriffs, wir haben die Arrangements zusammen ausgearbeitet, die Aufnahmen liefen ähnlich ab wie letztes Mal. Wir schrieben 13 Songs in zwei Tagen.
Werdet ihr nach dem Release des Albums wieder auf Tour gehen?
Ja, in den USA werden wir gleich nach der Veröffentlichung der Scheibe im Frühjahr touren. Wir hoffen, im Sommer 2024 wieder in Europa zu sein, auch um auf einigen Festivals zu spielen.
Vor einer Weile hattest du eine Krebserkrankung. Ich habe gelesen, dass du dich davon gut erholt hast?
Ich hatte Prostatakrebs und habe mich tatsächlich gut erholt. Ich lebe jetzt ohne Krebs und kann sagen, dass es mir gut geht.
Hat diese Sache deine Sicht auf das Leben verändert?
Na klar. Ich denke, dass eine krasse Diagnose wie Krebs wahrscheinlich jede Person verändert und sie erkennen lässt, dass nichts auf der Welt und im Leben sicher und garantiert ist ... Geh raus, kümmere dich um Dinge, die dir Freude bereiten!
Bist du noch als Koch aktiv oder betreibst weiterhin ein Restaurant?
Das Restaurant hatte ich zwanzig Jahre lang. Ich war eine Weile aus dem Business raus und habe dann wieder damit angefangen, aber ich beschloss, doch lieber wieder Musiker zu sein.
Gab es bei der Musik denn eine Pause?
Es gab eine große Pause. Ich hatte 14 Jahre keine Bassgitarre in der Hand.
Siehst du einen Unterschied in Bezug auf Punk und die Szene in früheren Zeiten, gerade auch in den USA?
Die Veränderungen in Amerika sind sehr deutlich. Die früheren Zeiten sind für mich die, bevor es Internet gab. Damals gab es in jeder Stadt Clubs mit Punk-Shows, das Ganze wurde über Mundpropaganda und Flyer bekannt. Dann kamen alle, die sich für die Musikrichtung interessierten, und blieben den ganzen Abend. Heute spielt eine Hauptband mit drei lokalen Supportbands und jede von denen hat eine Gruppe von Fans dabei. Wenn ihre Band gespielt hat, gehen sie wieder. Am Ende ist bei der tourenden Band kaum noch jemand da. Man fragt sich: Wo ist die Szene? Es ist definitiv so, dass in größeren Städten – UK und Deutschland werden ähnlich sein – eine Szene existiert. Und natürlich gibt es überall gute Spots und Locations in den Staaten, wo es besser ist als das, was ich gerade beschrieben habe. Aber ich finde, so was passiert inzwischen trotzdem zu oft.
Denkst du, Punk hat sich verändert seit den Achtzigern? Ich erinnere mich, dass Geschmack sehr strikt verhandelt wurde, jetzt wirkt alles entspannter.
Früher war Punk viel zu sehr auf Dogmen ausgerichtet: Wenn du so und so bist, dann ist das kein Punk. In meiner Weltsicht bedeutet Punk so was wie Familie, anderen Leuten und Freunden helfen, sich gegenseitig unterstützen. Es gibt offensichtlich viele Menschen auf der Welt, die eine solche Philosophie teilen. Punk ist mehr ein Familien-Ding als: Was willst du damit sagen? Du bist kein Anarchist!
Hast du in früheren Zeiten geahnt, das HÜSKER DÜ später mal als Pioniere in diesem Bereich angesehen werden?
Wir haben über so was nie nachgedacht, sondern einfach gespielt, was wir wollten, und uns auch dementsprechend angezogen, ohne uns um Konventionen zu scheren.
Wann hast du den offensichtlichen Einfluss von HÜSKER DÜ bemerkt?
Eigentlich erst, nachdem die Band auseinandergebrochen war. Wir bekamen mit, dass es Leute wie NIRVANA und GREEN DAY gab, die sich auf uns bezogen.
Berührt dich das?
Ich freue mich darüber, wenn es so ist, dass es Leuten geholfen hat, Türen zu öffnen.
Wie war das damals beim Wechsel von SST zu Warner? Ich hörte, ihr konntet weiterhin tun, was ihr wolltet, ohne dass euch jemand reingeredet hat.
Schon zu „Zen Arcade“-Zeiten hatten große Labels Interesse an HÜSKER DÜ. Aber wir sahen zu der Zeit nichts, was uns ein so Majorlabel bieten kann, das wir nicht auch woanders bekommen. Letztendlich fassten wir den Beschluss, zu Warner zu gehen, weil sie ehrlich zu uns waren und uns versicherten, uns sämtliche Freiheiten zu lassen, was auch immer wir tun.
Deine beiden HÜSKER DÜ-Bandmates, Bob Mould und der leider schon verstorbene Grant Hart, sind bzw. waren schwul. Hast du das von Anfang an gewusst? Zumindest bei einem war es lange ein Geheimnis.
Oh ja, klar. Wir wussten bei jedem in der Band, wie er ist und wie er tickt.
Habt ihr überlegt, das Ganze öffentlich zu machen? Die Achtziger waren eine andere Zeit als jetzt, wo das Thema eher entspannt gesehen wird.
In den Achtzigern war das eine ganz andere Nummer. Bob hatte für sich entschieden, sein Privatleben aus der Öffentlichkeit zu halten, er ist nicht der Typ, der unbedingt mit irgendwas in den Medien vertreten sein muss. Er hat sich dann im Musikmagazin Spin selbst geoutet, nachdem HÜSKER DÜ schon einige Jahre nicht mehr existierten. Aber wie du schon gesagt hast: die Achtziger waren eine andere Zeit. Ich denke, dass alle inklusiv sein sollten, egal, wie deine Orientierung ist oder wie du dich identifizierst. Sei du selbst.
Kannst du dir vorstellen, wieder mit Bob Mould zu spielen?
Ich denke, es wäre großartig. Aber nein, vorstellen kann ich es mir nicht.
Aber ihr spielt Songs von HÜSKER DÜ live.
Natürlich, das Publikum möchte die hören. Man macht solche Sachen gern für seine Fans.
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