TRASHCAN DARLINGS

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Alive and kicking?

14 Jahre nach ihrer Auflösung melden sich die norwegischen Glam-Punks TRASHCAN DARLINGS nun mit einem Best-Of-Album namens „Me Punk, You Fuck!“ in überarbeitetem Sound zurück, was für viele strahlende Gesichter sorgen dürfte. Im Gespräch mit Gitarrist Chris Damien Doll und Sänger Strange? blicken wir zurück auf die rauhen Anfänge der Band, diskutieren deren ungebrochenen Kultstatus und wagen einen vorsichtigen Blick in die Zukunft.

Die Veröffentlichung eines Best-Of-Albums 14 Jahre nach eurer Auflösung muss sich ziemlich seltsam anfühlen, oder?

Chris: Ja, das ist es auf jeden Fall! Als die Anfrage von Last Exit Music kam, konnte ich es erst überhaupt nicht glauben, dass tatsächlich jemand posthum ein Album von uns veröffentlichen möchte.
Strange?: Wir wussten immer, dass die Songs verdammt großartig sind, weshalb es mich auch gar nicht so sehr überrascht, dass sie die Band überlebt haben. Trotzdem ist es natürlich unglaublich, dass nun eine neue Platte von TRASHCAN DARLINGS das Licht der Welt erblickt – auch wenn es eine Compilation ist. 14 Jahre sind wirklich eine sehr lange Zeit. Die Musik hat sich verändert, die Welt hat sich verändert, aber die Leute hängen immer noch an diesen Liedern.

Die Stücke wurden von den Originalbändern remastert. Wie zufrieden seid ihr mit dem Ergebnis in puncto Sound und wie genau fand die Auswahl der Songs statt?
Chris: Wir sind sehr glücklich! Wir hatten damals wirklich tolle Songs, aber irgendwie gelang es uns nie richtig, unseren Live-Sound auf Platte zu bannen. Einige der Lieder hatten in der ursprünglichen Version so einen furchtbar höhenlastigen Klang. Das Remastering hat also echte Wunder bewirkt.
Strange?: Auch die Zusammenarbeit mit Last Exit Music war super und wir konnten uns im Grunde so viel oder so wenig einbringen, wie wir gerade wollten. Bei der Songauswahl haben wir uns jedoch nicht eingemischt, denn Mike, der Labelboss, sollte genau diejenigen Lieder aussuchen dürfen, die er für die Veröffentlichung haben wollte. Das hat uns viele Diskussionen erspart und für eine wirklich interessante Zusammenstellung gesorgt, denn es gibt auch einige echte Überraschungen, die es wirklich verdienen, auf dem Album vertreten zu sein.

Wo wir schon dabei sind: Best-Of-Alben können ja durchaus eine ziemlich ambivalente Sache sein. Einerseits sind sie ein toller Einstieg in die Diskografie unbekannter Künstler:innen, andererseits haftet dem Ganzen aber auch oft das Image von Ausverkauf an, gerade wenn die Band noch aktiv ist. Wie denkt ihr darüber und was war die letzte Best-Of-Platte, die ihr euch gekauft habt?
Strange?: Ich liebe Single-Sammlungen, insbesondere Sechziger-Jahre Musik, oder Film-Soundtracks, die ursprünglich nur auf 7‘‘ oder B-Seiten erhältlich waren. Ich erstelle zwar auch genauso gerne meine eigenen Playlists auf Spotify, aber viele meiner Lieblingssongs sind leider nicht auf den Streamingdiensten verfügbar. Wie du also zu Recht sagst, kann eine Best-Of-Platte als nette Einführung funktionieren, wenn jemand eine neue Band kennen lernen möchte. Ich glaube, die letzte, die ich mir gekauft habe, war eine Sammlung von THE PRETENDERS.
Chris: Eigentlich denke ich, dass Best-Of-Platten der Vergangenheit angehören, denn via Streaming können die Leute im Handumdrehen ihre eigenen Lieblinge zusammenstellen. Als wir gefragt wurden, ob wir unsere eigene Best-Of-Compilation machen wollten, empfanden wir das natürlich als großes Kompliment. Aber unsere Hauptmotivation war letztlich die Chance, die Songs remastern zu lassen, damit sie endlich so klingen, wie sie sollten. Andernfalls hätten wir es wahrscheinlich nicht gemacht, Kompliment hin oder her.

Lasst uns mal über die aktive Zeit der TRASHCAN DARLINGS sprechen. Wart ihr euch denn damals über den großen Einfluss bewusst, den ihr als Band hattet und heute offensichtlich immer noch habt?
Chris: Damals, 1995, hatten wir genau die Band gegründet, die wir selbst hören wollten, und wir waren uns schon in gewisser Weise darüber bewusst, dass wir damit etwas Besonderes erschaffen. Als Strange? und ich uns zum ersten Mal trafen, tranken wir was zusammen und hörten gemeinsam Platten. Viele unserer damaligen Favoriten waren Underground-Bands, die zum Teil nur einige wenige Singles veröffentlicht hatten, bevor sie sich wieder auflösten. Ich erinnere mich noch genau, wie wir darüber sprachen, wie cool es doch wäre, wenn jemand auf der anderen Seite der Welt zwanzig Jahre später mit seinen Freunden etwas trinken und sich unsere Platten anhören würde. Und siehe da, genau das ist schließlich passiert.
Strange?: Wir hatten damals das Gefühl, nicht in die heimische norwegische Musikszene zu passen. Zwar begannen sich die Dinge nach und nach immer besser zu entwickeln, aber das eigentliche Vermächtnis der Band entstand erst so richtig nach unserer Auflösung. Wir haben nie viele Platten verkauft und nicht mehr als ein paar hundert Shows gespielt, aber trotzdem die Herzen vieler Leute berührt. Seit der Trennung 2008 bekommen wir auch immer wieder Einladungen zu Reunion-Shows und für viele Leute bin und bleibe ich einfach immer der Typ von TRASHCAN DARLINGS, obwohl ich schon seit einer Weile Frontmann anderer Bands bin.

Das bringt mich direkt zu meiner nächsten Frage, denn ihr seid beide nach wie vor musikalisch aktiv. Inwiefern hat sich euer Musikgeschmack sowie eure Herangehensweise an das Songschreiben über die Jahre verändert?
Chris: Nicht sehr, um ehrlich zu sein. Wir mochten schon immer ein breites Spektrum an Musik. Nach unserer Trennung wollte ich jedoch etwas Neues ausprobieren, also gründete ich die SUICIDE BOMBERS, die eher klassischen Hardrock spielen. Aber fairerweise muss man auch sagen, dass TRASHCAN DARLINGS ebenfalls eine solide Basis im Hardrock hatten. Lieder wie „Electro shock rock“ oder „Electric vampires“ könnten genauso gut von SUICIDE BOMBERS sein. Es ist also nicht grundlegend verschieden und insbesondere die Einstellung ist nach wie vor die gleiche wie damals.
Strange?: Ich war schon immer sehr daran interessiert, neue Musik zu entdecken. Während sich das früher vor allem auf Punk oder Hardrock konzentrierte, ist mir das Genre heute relativ egal, Hauptsache, die Musik inspiriert oder berührt mich. Beim Songwriting ist es ähnlich, denn auch hier versuche ich mich nicht zu wiederholen und experimentiere viel lieber. Als meine jetzige Band HARD LUCK STREET ihr Debütalbum veröffentlichte, meinten viele, dass es eine stilistisch vielfältige, womöglich sogar zu vielschichtige Platte wäre. Aber genau das war ja beabsichtigt. In den frühen Jahren von TRASHCAN DARLINGS bestand meine Intention eher darin, eine bestimmte Reaktion oder Emotion bei den Fans hervorzurufen. Natürlich möchte ich das heute immer noch, aber allmählich wird mir die Gesamtheit und Kohärenz eines Liedes viel bewusster, nicht nur dessen unmittelbare Wirkung.

Da das Interesse an TRASHCAN DARLINGS nach wie vor sehr groß ist: Wie stehen die Chancen für eine Reunion oder vielleicht sogar ein neues Album?
Chris: Ich bin mir nicht sicher, ob wir jemals wieder zusammenkommen werden, aber wir sind alle immer noch Freunde und somit kann man auch nichts ausschließen. Ich würde es allerdings nur dann tun, wenn es eine echte Nachfrage danach gäbe, denn es wäre eine Menge Arbeit, diese ganze Maschinerie wieder in Gang zu bringen. Gleichwohl haben Strange? und ich noch viele alte, großartige Songs in petto, die wir nie mit der Band aufgenommen oder geprobt haben. Einige davon habe ich für SUICIDE BOMBERS verwendet, aber die meisten liegen einfach noch ungenutzt herum. Und ab und zu habe ich auch Ideen für neue TRASHCAN DARLINGS-Stücke – insofern gäbe es genug Potenzial.
Strange?: Ich hatte immer das Gefühl, dass TRASHCAN DARLINGS es verdienen würden, noch mal ein Album zu machen – eigentlich schon seit unserer Trennung. Wir haben so viele Jahre hart gearbeitet, aber wie Chris bereits sagte, hat unser Studiosound nie ganz den Geist und die Live-Energie der Band einfangen können. 2020 haben wir dann kurz vor Beginn der Pandemie auf einer Geburtstagsfeier eine Mini-Reunion mit zwei Songs gespielt. Es war überhaupt nicht geplant, sondern nur dem Umstand geschuldet, dass wir alle anwesend waren und eine tolle Atmosphäre herrschte. Und die Menge drehte vollkommen durch und jeder kannte die Songs. Da wurde uns wieder bewusst, was unsere Musik manchen Menschen bedeutet. Wenn wir als Band jemals wieder zusammenkommen sollten, dann nur unter der Voraussetzung, dass wir noch ein paar Asse aus dem Ärmel ziehen könnten. Mehr großartige Songs, mehr Rausch, mehr Leidenschaft, mehr real fucking Make-up!