Wenn man an die Stadt Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania denkt, dann hat man nicht unbedingt als Erstes eine ausgeprägte Musikszene im Kopf. Okay, Christina Aguilera soll dort aufgewachsen sein, aber die zählt ja wohl nicht. Wer überhaupt etwas Konkretes mit der Stadt verbindet, dem ist sie wohl eher als Stahlstadt bekannt, als die Iron City. Umso interessanter, mal eine Band kennen zu lernen, die von dort kommt und eben nicht aus Boston oder New York, wo man ja fast schon voraussetzt, dass eine Band gute Musik macht. Dave Harris, der Gitarrist der TRADITIONALS, erklärte mir, wie das so ist als Oi!-Band in Pittsburgh, warum sie so ein besonderes Verhältnis zu Deuschland haben und was er von den US-Wahlkampfkandidaten hält.
Dave, mittlerweile gibt es euch ja seit elf Jahren. Was hat euch damals bewegt die Band zu gründen und hattet ihr vorher schon irgendwelche Erfahrungen auf dem Gebiet?
Mein jüngerer Bruder Joe und ich wollten schon immer in einer Band zusammen spielen. Nachdem meine ehemalige Band THE SUSSED sich 1997 auflöste, beschlossen wir, die TRADITIONALS zu gründen, und zwar gemeinsam mit einigen anderen unpolitischen, also traditionellen Skinheads der Stadt. Joe und ich haben schon zusammen als Kinder Musik gemacht. In Pittsburgh gab es bis dahin keine Punkband, die nur aus Skinheads bestand, und wir dachten, diese Lücke füllen wir mal. Außerdem bin ich regelrecht süchtig nach Oi! und die Musik ist echt eine Art wöchentliche Therapie für mich, da das Leben irgendwie die Tendenz hat, mich ständig in die Eier zu treten.
Ich habe euch vor Jahren mal auf einem Konzert zusammen mit 4 PROMILLE spielen sehen, die sich ja vergangenes Jahr aufgelöst haben. Wie ist euer Verhältnis zur deutschen Szene generell beziehungsweise zu 4 PROMILLE speziell und gab es bei euch auch schon mal einen Punkt, an dem ihr aufhören wolltet?
Es ist echt schade, dass 4 PROMILLE sich aufgelöst haben. Sie waren eine klasse Band und alle sehr talentierte Musiker. Es hat uns umgehauen, wie großartig die deutsche Szene auf uns reagiert hat, vor allem, wenn man es mit den USA vergleicht. Wir sind sehr reSpektvoll behandelt worden. Bei den Shows wurde sich immer um Essen und Bier gekümmert, die Leute waren sehr gastfreundlich und kannten sich mit unserer Musik aus. Ich war echt beeindruckt, wie gut die Fans angezogen waren und wie viel Ahnung sie hatten. Es gab bei uns auch Höhen und Tiefen als Band und wir waren schon öfter kurz davor uns aufzulösen, aber es ist dann doch nicht so weit gekommen. Abgesehen von mir und Joe, gab es auch einige Besetzungswechsel, aber Rob, unser Sänger, ist jetzt seit 2001 dabei und Gitarrist AJ seit 2005. Ich muss sagen, dass der Schlüssel zu unserem Erfolg wahrscheinlich darin liegt, dass wir die wöchentlichen Proben sehr ernst nehmen und in den letzten elf Jahren auch nur wenige Wochen ausgelassen haben. Und natürlich, dass wir alle Freunde sind und uns im Privatleben wie im Bandleben unterstützen. Rob zum Beispiel hat eine unglaubliche Arbeitsmoral: Zwei Jahre lang ist er für die Proben jede zweite Woche von Columbus, Ohio nach Pittsburgh gefahren. Eine Strecke von 130 Meilen! Er hatte einen Job in einer anderen Stadt angenommen, wollte aber die Fortschritte der Band nicht gefährden. Das nenne ich Einsatz. Unsere Jobs und Familien haben zwar Vorrang, aber von deren Seite bekommen wir sehr viel Verständnis für die Band.
Wie seid ihr eigentlich bei Impact gelandet?
Wir hatten zuvor einige Jahre mit GMM Records aus Atlanta gearbeitet, aber zu dem versprochenen Album ist es dann nie gekommen. Wir waren frustriert und haben offensiv nach einem neuen Label gesucht. 2003 schickte ich Andy von Impact sowie einigen anderen Labels einen Song und er willigte ein, uns zu signen. Wir sind sehr zufrieden mit Impact. Sie verstehen, dass wir nicht unsere Jobs aufgeben können, um zu touren und arbeiten mit uns, trotz unseres hektischen Lebens. Ich glaube, sie haben vor allem in Deutschland tolle Arbeit geleistet, was die Verbreitung unserer Songs angeht. Sie hatten auch zusammen mit Knockout die Tour, die du schon angesprochen hattest, organisiert und haben für die Tour im Dezember 2008 den Kontakt zu MAD Booking in Berlin hergestellt. Impact glaubt an unseren Sound und wir sind sehr loyal: Wenn man uns gut behandelt, dann bleiben wir auch dort. Wir hatten mittlerweile auch andere Angebote, haben die aber abgelehnt.
Wie ist es so als Oi!-Band in Pittsburgh? Ich glaube, mir würde jetzt spontan keine andere Band von dort einfallen. Habt ihr viele Fans in eurer Gegend, gibt es da überhaupt so etwas wie eine Szene?
Wir sind schon eine Ausnahme in Pittsburgh. Meine alte Band THE SUSSED war eine Oi!-Band und die gab es von 1992 bis 1997. Ansonsten wären da noch die WEEKEND WARRIORS, IRON CITY HOOLIGANS, TOMMY GUTTLESS und HALF LIFE, keine besonders große Szene also, aber eine ehrliche, und es gibt einen harten Kern von Leuten, der regelmäßig zu den Konzerten kommt. Erst gestern haben wir mit INDECENT EXPOSURE, die machen britischen 82er Oi!, gespielt und es war genial. Und letztes Wochenende haben wir beim East Coast Oi! Fest gespielt, zusammen mit Bands wie den 4SKINS, WRETCHED ONES, BROKEN HEROES, MARCHING ORDERS aus Australien, BEERZONE und anderen Working Class Heroes. Es war toll, 2.000 Skinheads und Punks in der Nähe meiner Heimatstadt zu sehen. Das erinnerte mich an Festivals dieser Art in den frühen 90ern.
Auf eurem aktuellen Album "Generation Of Today" sind mir einige Skinhead-Reggae-Samples in den Songs aufgefallen. Wie sehr beinflusst diese Musik euch?
Na ja, unseren Sound beinflusst sie nicht direkt, aber wir sind alle Fans von altem Skinhead-Reggae und Ska. Ich denke, es ist auch wichtig, die Wurzeln unserer Szene zu vermitteln und die Tradition des Working Class Movement weiterzuführen. Die jamaikanische Musik der 60er Jahre beruhigt mich immer, wenn ich gestresst bin. Vor allem muss man bedenken, wie arm die Musiker teilweise waren, die diese Songs gemacht haben. Wenn du schon mal auf einem Skinhead-Reggae-Nighter warst, wo alle in ihren Ben Shermans zusammen tanzen, dann weißt du, was ich meine. Es ist einfach ein Gefühl. Und es ist natürlich eine Möglichkeit, zu betonen, dass wir als Skinheads nicht die bösen Faschos sind, als die die Medien oder die Gesellschaft uns generell darstellen will.
Verfolgst du den US-Wahlkampf? Gibt es einen Kandidaten, den du favorisierst? In Deutschland ist ja Barack Obama sehr beliebt.
Ich will eigentlich die Musik nicht mit Parteipolitik in Verbindung bringen, aber generell denke ich persönlich, dass die Auswahl echt für den Arsch ist. Ich meine, das Land steckt ganz schön in der Scheiße und wir sehen uns mit ernsthaften Schwierigkeiten konfrontiert. Und was haben wir für eine Auswahl: John McCain, ein Siebzigjähriger, der sich eher um Erwachsenenwindeln kümmern sollte als darum, die USA zu regieren. Und Obama ist auch nur ein verlogener Politiker, der es allen recht machen will. Mein größtes Problem mit ihm ist, dass er öffentlich schwarze Separatisten wie Reverend Wright und Louis Farrakhan unterstützt, die offen rassistisch sind und aufgrund ihrer Hautfarbe eine Sonderbehandlung erwarten. Ich wünsche mir jemanden, der die menschliche Rasse weiterbringen will und der keine rassistischen Pläne hat. Ich hasse Rassismus in jeder Form, und wenn eine Gruppe, egal, ob Weiße, Schwarze, Asiaten oder Moslems oder was auch immer, sich von anderen abgrenzen will, dann ist das rassistisch.
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