2011 wird TITLE FIGHT vermutlich als ein besonders gutes Jahr in Erinnerung bleiben. Kontinuierliches Touren, das Veröffentlichen kleiner Platten und ein Händchen für gute Songs führten dazu, dass die vier jungen Männer ihr erstes, von Walter Schreifels produziertes, Album „Shed“ seit einigen Wochen mit dem Logo von SideOneDummy in den Läden finden können. Dass dieser Umstand nicht ungerechtfertigt ist, beweist „Shed“ eindrucksvoll. Neben flotten, melodischen Hardcore-Nummern findet die Band aus Wilkes-Barre, Pennsylvania auch Raum für ruhige Töne und schafft so ein dynamisches und warmherziges Album, welches auch Hörer außerhalb der Hardcore-Szene findet. Sänger und Bassist Ned Russin beantwortete mir ein paar Fragen zu der aktuellen Situation der Band, dem Leben als Vollzeitmusiker und der Eröffnung des bandeigenen Konzertladens.
Nach der Veröffentlichung einiger 7“s auf verschiedenen Labels, erschien euer Album nun auf SideOneDummy, einem der großen Punk/Alternative-Labels. Wie fühlt es sich für euch an, von so einem Label supportet zu werden?
Es ist eine total verrückte Erfahrung. Wir hatten nie erwartet, diesen Level irgendwann zu erreichen, oder gar bei einem Label wie SideOneDummy unterzukommen, weshalb wir uns sehr glücklich schätzen. Im Gegensatz zu unseren früheren Labels, die lediglich aus Schlafzimmern heraus betrieben wurden, ist das jetzt eine komplett andere Erfahrung. Die Möglichkeit, mit einer Plattenfirma zu arbeiten, die ein Vollzeitteam zur Verfügung hat, ist großartig. Die Jungs bei SideOne kümmern sich wirklich um uns und haben ein Auge auf uns. Das ist toll, weil es genau das ist, was wir von einem Label wollen.
Habt ihr das Gefühl, irgendwo angekommen zu sein? Was kommt jetzt?
Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir sehr glücklich sind. Wir hatten nie das Ziel, mehr zu sein als eine Band, die die Musik macht, die sie liebt. Deshalb ist es echt cool und eine einzigartige Gelegenheit, genau das jetzt tun zu können. Wir touren und schreiben Songs und sonst nichts anderes, und das ist großartig. Unser Plan ist, so viel live zu spielen, wie wir nur können, und wenn wir Zeit haben, setzen wir uns hin, schreiben neues Zeug und sehen, ob es funktioniert.
Es brauchte viel Zeit, um euer erstes richtiges Album zu machen. Weshalb?
Wir lieben die Ästhetik einer 7“ und waren froh, ein paar davon rauszubringen. Als wir dann damit etwas touren konnten, war es eigentlich schon das, was wir wirklich machen wollten. Die Idee zu einem Album hatten wir bereits eine Weile in unseren Köpfen, aber als wir uns dann entschieden, es in Angriff zu nehmen, wollten wir es auch richtig machen. Wir nahmen uns eine Menge Zeit für das Schreiben und wollten alles so machen, dass wir zu 100% zufrieden sind. Das führte dann letztlich zu der langen Wartezeit. Aber obwohl es so lange gedauert hat, hätte ich es nicht anders machen wollen.
Glaubst du, dass Alben insgesamt veraltet sind?
Für mich keinesfalls. Es ist etwas Besonderes, eine physische Kopie von etwas zu besitzen. Du kannst keine Lyrics auf deinem mp3-Player lesen. Genauso wenig kannst du digitale Files in deinen Händen halten und dir jedes kleine Detail des Artworks oder des Innenteils ansehen. Ich denke, zumindest für Punk und Hardcore werden echte Platten immer existieren. Sie sind etwas, was unmittelbar mit dieser Musik verbunden ist, und ich hoffe, dass sie über die nächsten Generationen nicht verloren gehen.
Wie schwierig ist euer Leben als Musiker? Könnt ihr langfristig für die Zukunft planen oder ist alles recht spontan?
Es ist auf jeden Fall hart, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist das bloß zweitrangig. Wir touren, seit wir 17, 18 waren, und im Grunde mag ich es. Ich sehe es nicht als Belastung, dass wir auf dem Boden schlafen müssen, oder gar nicht schlafen, den ganzen Tag rumfahren und auf Fastfood-Diät sind. Ich denke, wenn du in einer Band spielst und auf so etwas keinen Bock hast, solltest du nicht touren. Und klar, du kannst planen, aber wenn mich das Touren eines gelehrt hat, dann dass du stets darauf gefasst sein solltest, diese Pläne in allerletzter Sekunde anzupassen, wenn irgendetwas total schief läuft. Zum Beispiel wenn dir ein Reifen von deinem Van plötzlich abfliegt oder dir ein Hund in den Schlafsack scheißt.
Hast du je darüber nachgedacht mit der Band aufzuhören?
Nein. Seit ich zwölf oder 13 bin, habe ich mit TITLE FIGHT die besten Freunde überhaupt. Ich genieße es, Musik machen zu können und vor allem live zu spielen. Außerdem ist die Chance dadurch rumzukommen ein guter Anreiz.
Wie kam es dazu, dass ihr die Musik macht, die ihr macht?
Wir wollten Musik machen, weil wir Musik lieben und unseren eigenen Teil dazu beitragen wollten. Was wir nicht wollten, wäre eine Art Supergroup mit den besten Musikern, die wir kennen. Wir gründeten die Band als Freunde und das gab den Ton an. Unsere Musik ist also nichts anderes, als das Produkt einer Gruppe von Freunden.
Ihr habt einen eigenen Club namens „Redwood Art Space“, wo ihr Konzerte und Ausstellungen organisiert. Was war die Idee dahinter? Welche Bands haben seit der Eröffnung dort bereits gespielt, welche Künstler ausgestellt und was ist noch geplant?
Der Grund für diesen Club war die Schließung des einzigen D.I.Y.-Ladens in unserer Gegend im September 2010. Wir sind immer zu den Shows dort gegangen und wahrscheinlich war es einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Ort in unserem Leben. Wir wussten, dass wir den Kids einen Platz geben mussten, wo sie hingehen können, und den Bands einen Ort, an dem sie auftreten können. Die Stadt Wilkes-Barre hat seit langem eine Szene und wäre sie unter unseren Augen gestorben, wäre es sehr enttäuschend und deprimierend gewesen. Und so taten wir das Einzige, das wir tun konnten: Wir machten einfach unseren eigenen Laden auf. Seit der Eröffnung im März haben schon Bands wie TIGERS JAW, BALANCE AND COMPOSURE, WAR HUNGRY, COLD WORLD, TOUCHÉ AMORÉ, BANE, HOSTAGE CALM oder THE FIRST ANNUAL dort gespielt. Außerdem stellten unter anderem lokale Fotografen wie Justin Kacillas oder Briana Collins ihre Arbeiten aus. Für die Zukunft versuchen wir einfach, noch mehr Konzerte und Ausstellungen zu veranstalten.
Fans, die „Shed“ vorbestellten, bekamen eine Bonus-VHS mit einem „Making Of“ vom Album. Wieso?
Wir wollten etwas Besonderes zur Veröffentlichung unseres Album machen und ich schätze, sich eine VHS-Kassette anzusehen, ist ein Zugeständnis an die Zeit, in der wir aufgewachsen sind. Außerdem ist es einfach cool.
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