Vier Jahre mussten Fans auf ein neues Album der Kanadier warten, jetzt ist die Band mit ihrem neuen Album „Explosions“ zurück. Im Interview spricht Bassist Brad nicht nur über die neue Platte, sondern auch über ihr Musikvideo zu „Lifetime“, das den Menschen in Mayfield, Kentucky gewidmet ist.
Es ist vier Jahre her, dass euer letztes Album erschienen ist – warum habt ihr so lange mit der Veröffentlichung eures neuen Albums gewartet?
Das war eigentlich nicht der Plan. Wir hatten vor, eine normale Auszeit zu nehmen, etwa ein Jahr. Wir haben die Tournee im Dezember 2019 beendet und dann kam die Pandemie. Das hat uns definitiv ausgebremst. Unser Timing war eigentlich gut, ich kann mir nicht vorstellen, ein Album zu haben und nicht damit touren zu können. Wir haben uns ein bisschen Zeit gelassen und mussten lernen, wie wir die Dinge getrennt voneinander angehen können. Zum Glück gibt es für uns solche technischen Möglichkeiten wie Zoom, was wir ja auch gerade benutzen, und es gibt eine Menge anderer Audiotechnik, mit der man über das Internet aufnehmen und im Grunde livestreamen kann. Es war ganz anders und manchmal schwierig, aber am Ende hat alles geklappt und jetzt sind wir wieder zusammen und alles ist gut.
Ist es besser oder schlechter, einen so großen Abstand zwischen den Alben zu haben? Also ist der Druck jetzt höher, weil die Leute größere Erwartungen haben, oder hat euch diese Zeit mehr Gelegenheit gegeben, euren Sound weiterzuentwickeln?
Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass es in gewisser Weise schwieriger war, aber ich denke, am Ende war es sogar besser. Wenn man als Musiker mehr Zeit hat, kann man mehr und bessere Ideen entwickeln. Wir haben uns alle eingeschlossen, ich glaube, wir haben acht oder neun Tracks aufgenommen, ohne uns jemals zu sehen. Es war einfach seltsam. Wir hatten so viel Zeit für uns selbst, um uns die Parts auszudenken, und als wir dann die Aufnahmen machten, hatten wir fast zu viel Zeug, zu viele kleine Ideen und zu viele Details. Wir mussten also tatsächlich anfangen, Sachen herauszuschneiden, weil wir so viel Material hatten. Natürlich gibt es einen gewissen Druck. Ich habe das Tourgeschäft noch nie so voll erlebt und jede Band bringt jetzt ein Album heraus, also ist es im Moment etwas verrückt. Aber ich denke, es wird gut werden.
Ihr habt euer Musikvideo „Lifetime“ den Menschen in Mayfield gewidmet, die von einem Tornado getroffen wurden. Das Video war sehr emotional, und ich weiß, dass ihr zudem dafür gesorgt habt, dass ein Teil der Einnahmen eurer kommenden US-Tournee an Hilfsorganisationen geht, die diese Menschen unterstützen. Kannst du mir etwas genauer erklären, auf welche Weise ihr diesen Menschen helft?
Es war ein großes Unglück, aber wir hatten das Gefühl, dass die Leute der Sache nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt haben. Es war ein mächtiger Tornado, der durch Kentucky zog – der größte in der Geschichte, und er verwüstete die Stadt Mayfield und viele andere Städte; er war gewaltig. Es gab viele Verluste und eine Menge Zerstörung, und es war schrecklich. Wir hatten das Gefühl, dass wir etwas Licht auf die Sache werfen sollten, und jetzt spenden wir einen Dollar von jedem Ticket unserer Nordamerika-Tournee. Ich denke, Wissen ist Macht, und ich denke, dass es hoffentlich helfen wird. Es ist traurig, die Bilder aus Mayfield zu sehen. Ich war nicht vor Ort, Matt schon – und wenn man das Material sieht, ist es schrecklich. Die Menschen brauchen Hilfe, und bei der Geschwindigkeit, mit der sich alles im Internet und in den sozialen Medien abspielt, vergessen die Leute einfach zu schnell. Hoffentlich wird die Sache bekannt, und wir können etwas Gutes tun, um zu helfen.
Ihr habt eure Online-Plattformen wie Instagram genutzt, um auf Mayfield aufmerksam zu machen, ihr seid dort generell sehr aktiv. Im Gegensatz zu den anderen Bandmitgliedern hast du kein persönliches Instagram-Profil – warum hast du dich entschieden, offline zu bleiben?
Ich weiß es nicht! Ich habe einfach nie eins gehabt. Es ist schwer für mich, meine Existenz als Musiker von meinem Privatleben zu trennen. Es fällt mir nicht leicht, die Leute da reinzulassen, das ist alles. Und das ist die Sache mit den sozialen Medien, ich schätze meine Fans, ich liebe sie und ohne sie wäre ich nicht hier, aber gleichzeitig will ich nicht, dass sie sehen, wie ich ein Sandwich esse oder was für ein Auto ich fahre, weißt du, was ich meine? Ich habe Spaß daran, auf der anderen Seite zu bleiben, und es ist ja nicht so, dass ich nicht dabei bin – ich bin immer auf den Profilen von THREE DAYS GRACE und ich habe eine tolle Person, die eine Fanseite betreibt, und wir sind immer in Kontakt.
Du stehst also mit jemandem in Kontakt, der eine Fanseite hat?
Ja, die ganze Zeit. Sie betreibt sie schon sehr lange und es geht ihr gut und sie schreibt mir. Sie fragt mich meist erst und geht sehr respektvoll vor, und das mag ich. Sie sagt zum Beispiel: „Hier ist ein Bild von deiner Familie, willst du das auf Instagram haben?“ Und ich sage dann: Nein, nein. Und sie respektiert das, was cool ist. Ja, es funktioniert. Aber vielleicht sollte ich mir ein eigenes Profil zulegen, vielleicht ist es an der Zeit.
Ihr geht diesen Monat in den USA auf Tournee und kommt später in diesem Jahr auch nach Europa. Ist es ein komisches Gefühl, nach einer so langen Pause durch die Pandemie wieder unterwegs zu sein?
Ja, das ist es. Selbst die letzten paar Tage der Proben waren seltsam. Und ich denke, die Leute zu sehen, wird auch komisch sein. Zum Beispiel wurde hier in Kanada gerade die Maskenpflicht aufgehoben. Wenn man also in Geschäften und Restaurants Leute sieht, die keine Masken tragen, denkst du fast schon: Heilige Scheiße! Aber weißt du, wir sind erst mal in Amerika, und da hat sich das Leben schon länger wieder normalisiert, also wird es für sie nicht seltsam sein. Aber ich bin aufgeregt. Ich denke, es ist eine gute Richtung, die wir einschlagen, und ich hoffe, dass wir alle gesund bleiben.
© by Fuze - Ausgabe #94 Juni/Juli 2022 und Isabel Ferreira de Castro
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