Die noch recht junge Band um Suzi Homewrecker alias Moon kann schon einen beachtlichen Output vorweisen. Nach zwei 12“-EPs ist kürzlich die erste LP „Dumb & In Luv“ erschienen. Im Anschluss an einen kurzen Europatrip geht die Band im Oktober mit DEAD BOYS und BRIEFS auf große US-Tour. Gründe genug, um SUZI MOON vorzustellen. Wir sprachen mit Suzi (voc, gt) über ihren Weg von den Anfängen bis hin zur Band SUZI MOON, über die aktuelle LP, ihre Rolle als Frau im Musikbusiness, aber auch über Liebe und Punkrock ...
Du hast schon mit 15 Jahren angefangen, Musik zu machen, und hast bei den kalifornischen Punkbands CIVET und TURBULENT HEARTS gespielt. Wie ist es zu dem Soloprojekt SUZI MOON gekommen?
Ich wollte schon immer solo unterwegs sein. Ich musste nur auch dorthin gelangen. Meine Reise war eine ganz natürliche Entwicklung, eine Evolution. Jedes Projekt, an dem ich beteiligt war, hat mich dahin geführt, wo ich jetzt bin. Ich habe auf meinem Weg keinen Schritt übersprungen und bin glücklich über all die Erfahrungen, die ich gemacht habe, und die Menschen, die ich auf meinem Weg getroffen habe.
Wann wurde aus dem Soloprojekt eine Band?
Wir wurden offiziell im Juni 2021 zur Band. Das war, als Drew, Leadgitarre, Patti, Bass, und Sean, Schlagzeug, und ich unsere erste gemeinsame Probe hatten. Es ist verrückt, wenn man bedenkt, wie viel wir in einem Jahr erreicht haben, aber hinter den Kulissen habe ich schon mein ganzes Leben darauf hingearbeitet – und jetzt ist es einfach so weit.
Ich habe euch bei meinem Review zur „Animal“-12“ mit RUNAWAYS, Joan Jett oder Iggy Pop verglichen und bei „Gold record autograph“ auch mit den frühen TRANSVISION VAMP. Passt das für dich?
Mit jemandem wie Joan Jett verglichen zu werden, ist absolut ein Kompliment. Ich danke dir. Und natürlich ist Iggy Pop eines meiner Idole, also würde ich sagen, der Vergleich passt. Ich höre weder die Musik von Joan Jett noch von RUNAWAYS, abgesehen von den populären Songs, die man in Punkclubs hört. Also würde ich nicht sagen, dass ihre Musik einen großen Einfluss auf mich hat, obwohl sie eine Ikone und sehr wichtig für die Geschichte des Rock’n’Roll ist. Zu „Gold record autograph“ habe ich mich von ELVIS COSTELLO & THE ATTRACTIONS inspirieren lassen. Meine neue LP ist ein bisschen mehr wie meine älteren Sachen mit TURBULENT HEARTS, wahrscheinlich, weil ich die meisten dieser Songs geschrieben habe, als ich noch bei TURBULENT HEARTS war, was eigentlich nur bedeutet, dass es der klassische Suzi-Songwriting-Stil ist. Kalifornischer Punkrock’n’Roll wie SOCIAL DISTORTION, RANCID, WEEZER, SUGARCULT, US BOMBS, T.S.O.L. oder GREEN DAY waren die Bands, die mich bei der Entstehung von „Dumb & In Luv“ beeinflusst haben.
Du hast in einem Interview gesagt, dass du die Songs der LP vor denen der EPs geschrieben hast. Warum erschienen erst die EPs und dann die LP?
An der LP gab es mehr zu tun. Ich musste einige Songs fertigstellen, einige Dinge neu aufnehmen. Ich wollte wirklich, dass es perfekt ist. Während ich am Album arbeitete, schrieb ich die neuen Songs für die EPs und dachte, es wäre gut, dass es schon etwas von uns zu kaufen gibt, während ich das Album fertigstelle. Unser Plan hat funktioniert!
Das Album wurde von Davey Warsop von SHARP/SHOCK und SUEDEHEAD aufgenommen und produziert. Habt ihr euch schon vorher gekannt? Wie habt ihr die Zusammenarbeit empfunden?
Davey ist ein guter Freund von mir. Wir trafen uns zum ersten Mal 2008, als meine alte Band CIVET mit seiner alten Band BEAT UNION tourte. Seitdem sind wir Kumpel und haben jahrelang darüber gesprochen, eine gemeinsame Platte aufzunehmen. Ich bewundere Daveys Gespür für einprägsame Pop-Hooks und er hat einige fabelhafte Ideen zu „Dumb & In Luv“ beigesteuert.
Inwieweit hat Corona die Aufnahmen beeinflusst?
Wir trugen im Studio Masken, isolierten uns zwischen den Sessions und haben sehr streng darauf geachtet, keine Gäste im Studio zu haben. Abgesehen davon war alles wie immer. Ich hatte mehr Zeit, um die Songs zu schreiben und aufzunehmen. Vielleicht war es dieses Gefühl der Unsicherheit über das Leben, das mich motiviert hat, das Album fertigzustellen.
Was bedeutet der Titel „Dumb & In Luv“? Einer der Songs heißt ja auch „Believe in luv“ ...
„Dumb & In Luv“ ist der Anfang der Geschichte, als ich an meinem absoluten Tiefpunkt war, mit einem gebrochenen Herzen und von der Liebe geschlagen. „Believe in luv“ ist das Ende dieser Geschichte, als mir bewusst wurde, dass ich durch jede gescheiterte Beziehung gehen musste, um dahin zu kommen, wo ich heute bin. Es ist in Ordnung, wenn Dinge nicht funktionieren, weil man aus diesen Momenten lernt und so daran wachsen kann.
Warum bist du von Südkalifornien nach Washington DC gezogen? Einer eurer Songs heißt sogar „California“?
Kalifornien wird für immer meine Heimat sein und einen großen Teil meines Lebens ausmachen. Es hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich wusste immer, dass ich Kalifornien eines Tages verlassen würde. Als ich meinen zukünftigen Ehemann Drew Champion beim Punk Rock Bowling im Jahr 2019 kennen lernte, änderte sich mein ganzes Leben zum Besseren. Nach und nach fiel das Alte weg und mein neues Ich wurde geboren. Ich denke, das Finden eines Partners war das nächste Level im Spiel des Lebens, und als Drew und ich uns daran machten, die SUZI MOON-Band aufzubauen, war klar, dass das nächste Kapitel in meinem Leben an der Ostküste spielen würde. Hier gehöre ich jetzt hin.
Der Song „Family“ – um wen geht es da konkret?
Ich spreche in dem Song buchstäblich über meine Familie. Meine Mutter, meine Großmutter, meine Schwester, meinen Bruder und Vater. Er ist autobiografisch. Das heißt aber nicht, dass Familie für mich nur aus Verwandtschaft besteht. Ich habe auch Freunde, die ich als meine Familie ansehe, aber in diesem Song geht es nicht um sie. Eines der Dinge, die ich an Musik so sehr liebe, ist, dass sie subjektiv ist. Der Hörer kann Teile des Liedes auf sein eigenes Leben übertragen und ihm so eine neue Bedeutung geben.
Bei „Freedom“ kommt auch eine Mundharmonika zum Einsatz, ein eher ungewöhnliches Instrument für Punkrock. Wer hatte die Idee dazu und spielst du sie selbst?
Ja, auch wenn man die Mundharmonika im Punkrock nicht oft hört, ist sie ein knallhartes Instrument, das in vielen Blues- und Rock’n’Roll-Klassikern verwendet wird, also denke ich, dass sie seinen Platz im Punkrock hat, wenn man sie klug und sparsam einsetzt. Es war meine Idee, die Mundharmonika in den Song zu integrieren, weil ich diese alten Woody Guthrie/Dust-Bowl-Vibes für „Freedom“ wirklich gespürt habe. „Freedom“ habe ich schon 2014 geschrieben, aber erst 2020 bekam der Song endlich die Chance, zum Leben zu erwachen. Ich habe den Mundharmonika-Part geschrieben und ein Sample meiner Idee aufgenommen, aber wir haben jemand anderen beauftragt, es aufzunehmen, denn ich kann beim besten Willen nicht Mundharmonika spielen, ich kann es nur in meinem Kopf hören.
Du spielst auf den Plattencovern mit verschiedenen Klischees wie auf „Call The Shots“ mit dem Stil von Bettie Page, erscheinst bei „Animal“ als Vampir und jetzt als Braut? Wie kommst du auf diese Ideen?
Interessante Interpretation! Ich erschaffe gerne Charaktere, die den Geist der Platte verkörpern. Ich habe das Gefühl, dass das die Musik noch ein bisschen lebendiger macht. Wie in einem Film ... Für die „Call The Shots“-EP fühlte ich mich wie das imaginäre Kind von Bettie Page und Stiv Bators ... Vielleicht war das eine Metapher dafür, eine Frau im Punk zu sein, sozusagen gefesselt und geknebelt an meinen Platz. Für die „Animal“-EP war ich sehr von Michael Jacksons „Thriller“ und Frank N. Furter aus „Rocky Horror Picture Show“ inspiriert ... Also kein Vampir, sondern ein wildes Tier, eine Kreatur der Nacht. Etwas Gefährliches, das vom Mondlicht entfesselt wird. Für „Dumb & In Luv“ ist die Sache mit der Braut deshalb interessant, weil es eigentlich überhaupt nicht meine Idee war. Aber jetzt ist es eigentlich sehr passend, da ich mich gerade verlobt habe. Die Platte handelt ja von meiner Reise vom letzten Liebeskummer bis zum Wiederfinden der Liebe, also vielleicht ist da etwas unbewusst passiert. Wie auch immer, ich möchte den Fans einfach etwas Interessantes bieten, das sie sich ansehen können. Es ist eine große Ehre für mich, wenn meine Musik in einem Regal neben anderen großartigen Platten landet. Also möchte ich die Platten auch zu etwas Besonderem machen.
Du hast deinen eigenen YouTube-Kanal. Die Videos wirken aufwändig produziert und sprechen eine eigene Sprache. Wie wichtig sind sie für dich?
Die Videos sind nur eine zusätzliche Erweiterung der Musik. Ich liebe es, mir Konzepte auszudenken und eine neue Welt zu erschaffen, in der die Songs zum Leben erwachen. Punkrock braucht gute Videos, gutes Bildmaterial, eine tolle Show, coole Outfits und einen Hauch von Klasse. Ich versuche einfach, gute Arbeit zu leisten, weil Punkrock die Musik meiner Seele ist und ich möchte das Beste beitragen, das ich kann, weil ich Punkrock so sehr liebe.
Wie war euer Europa-Kurztrip im Sommer?
Wir hatten eine fantastische Zeit in Europa und haben es geliebt, auf den Festivals zu spielen! Es gab ein paar coole Clubshows hier und da, aber das war wirklich eine Festivaltour und legte den Grundstein für uns, nächstes Jahr wiederzukommen und hoffentlich noch größer zu werden! Es ist ein Privileg, vor neuen Fans in neuen Ländern zu spielen. Überall, wo wir hinkamen, trafen wir unglaublich freundliche, großzügige Menschen mit so viel Liebe in ihren Herzen. Jeder, der sagt, Punk sei tot, ist fucking stupid. Ich kann es kaum erwarten, nächstes Jahr wiederzukommen und noch weiter rumzukommen!
Im Oktober werdet ihr mit DEAD BOYS und THE BRIEFS auf US-Tournee gehen. Worauf freust du dich am meisten?
Es ist ein wahr gewordener Traum, mit DEAD BOYS und THE BRIEFS zu touren, ebenso wie die US-Shows mit THE DAMNED, die wir im August in den USA gespielt haben. Für mich ist es etwas ganz Besonderes, mit diesen Bands zu spielen, die mich so sehr beeinflusst haben. Sie sind das einzig Wahre. Sie haben den Weg für eine ganze Community geebnet. Ich stehe für immer in der Schuld dieser Bands, weil sie die Blaupause für den Punkrock geschaffen haben. Ich hoffe, dass ihre Fans sehen, dass wir aufrichtig sind, dass wir das Erbe des Punk weiterführen und ihm gerecht werden wollen.
Hier in Deutschland gibt es die #PunkToo-Debatte über Sexismus in der Punk-Szene und auch fehlende weibliche Role Models ...
Ich sehe eine Menge weiblicher Vorbilder wie Amy Taylor von AMYL AND THE SNIFFERS, Demi Demitro, Arrow de Wilde, Adia Victoria, Kimi Shelter, Aimee Allen von INTERRUPTERS oder Hanny J. Es gibt viele Frauen da draußen, die gab es immer, man muss nur nach ihnen suchen.
Du hast als Reaktion auf den Post unserer Facebook-Seite „Wer auf starke Frontfrauen steht, die gern fluchen und Macker mit ihren Zehn-Zentimeter-Absätzen aufspießen, ist bei Suzi Moon genau richtig“, der auf der Rezension einer Ox-Schreiberin basierte, geantwortet: „Es ist gut, ich wünschte nur, die Leute würden sich auf die Musik konzentrieren, denn die Musik ist das, was wichtig ist.“ Passiert dir das oft?
Es passiert oft und es ist überraschend, weil so viele Leute sagen: „Frauenrechte! Wir fordern Gleichberechtigung! Mehr Frauen in der Musik!“ und dann konzentrieren sie sich auf meine Schuhe oder meine Kleidung und nicht auf die Songstruktur, den Gitarrensound oder eines der anderen Elemente, an denen ich so hart arbeite. Das ist ärgerlich, aber nichts Neues.
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